21.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Elias« bringt die Seelen zum Schwingen

Grandiose Aufführung des Mendelssohn-Oratoriums der Evangelischen Kantorei Sennestadt

Von Malte Samtenschnieder (Text und Fotos)
Sennestadt (WB). Minutenlanger Beifall in der übervollen Jesus-Christus-Kirche krönte die grandiose Aufführung von Felix Mendelssohn Bartholdys »Elias«. Unterstützt vom Telemannischen Collegium Michaelstein und hervorragenden Gesangssolisten, gestalteten die Mitglieder der evangelischen Kantorei Sennestadt das Oratorium als einzigartigen Hörgenuss.

Mit einem bescheidenen Kopfnicken nahm Dirigentin Dorothea Schenk den nicht enden wollenden Schlussapplaus der mehr als 600 Zuhörer entgegen. Im Verlauf des zweieinhalbstündigen Konzertes hatte die Kirchenmusikerin nahezu Übermenschliches geleistet. Mit sicherer Hand war es ihr gelungen, Chor, Orchester und Solisten von der ersten bis zur letzten Note souverän durch wechselvolle, anspruchsvoll verklanglichte Spannungsfelder zu manövrieren.
Inbrünstig und mit berauschender Klangfülle traten die 90 Sänger der Kantorei dem Publikum bei den Tutti-Einsätzen des Chores gegenüber. Vom flehenden »Hilf, Herr!« über das gotteslästerliche »Baal, erhöre uns!« bis zur Himmelfahrt mit »feurigen Rossen« - je nach textlichem Zusammenhang der alttestamentlichen Bibelvorlage erwiesen sich die Sänger musikantisch als sehr wandlungsfähig. Bereitwillig nahmen ihnen die Zuhörer die authentisch erzeugten Stimmungen wie Verzweiflung, Hoffnung, Hass und Lobpreis ab. Aus dem hervorragenden Solisten-Sextett stach Berthold Possemeyer als Primus inter Pares hervor. Schicksalsschwer und ohne unnötigen Pomp breitete der charismatische Bassist das Seelenleben des Elias in Arien und Rezitativen vor den von seiner warmen, tragenden Stimme berührten Zuhörern aus.
Zumeist als Engel, aber auch als Witwe oder Königin traten die Gesangssolistinnen in Erscheinung. Mit zartem Schmelz in der Stimme und atemberaubender Präsenz zog Nathalie de Montmollien (Sopran) das Publikum in ihren Bann. Petra von Laer (Mezzosopran) und Elisabeth Graf (Alt) besetzten vortrefflich die tieferen Register. Mit dem eindringlich verkörperten Part des Obadjah eroberte Berhard Gärtner (Tenor) die Herzen der Zuhörer. Susan Kuhlen (Sopran) verzauberte das Publikum mit dem einfühlsamen Auftritt als Knabe.
Ein lebendiges, farbiges Orchesterfundament rundete den positiven Gesamteindruck ab. Dass die Damen und Herren des Telemannischen Collegiums Michaelstein auf historischen Instrumenten musizierten, unterstrich die erfolgreichen Bemühungen von Dirigentin Dorothea Schenk um ein Höchstmaß an Authentizität.
Da am Ende alle musikalischen Mosaiksteine - Chor, Orchester und Solisten - perfekt ineinander griffen, gelang es den Mitwirkenden, mit der »Elias«-Aufführung ein Klangbild zu entwerfen, das die Zuhörer lange in ihren Herzen bewahren werden. Der nicht enden wollende Schlussapplaus zeugte davon, dass den Akteuren Besonderes gelungen war: Mit der Musik hatten sie die Seelen der Zuhörer zum Schwingen gebracht.

Artikel vom 21.11.2006