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Leidenschaft des Essens

»Eden« - Komödie über Freundschaft


Meisterkoch Gregor hat das, wovon er schon immer träumte: einen dicken Bauch. Die Erfüllung seines Wunsches ist gleichzeitig der Fluch seines Lebens, denn seine Leibesfülle scheint ihn zur sexuellen Abstinenz zu verdammen. Die kulinarische Komödie »Eden« von Michael Hofmann (»Sophiiie!«) handelt von der Erotik des Essens und dem Widerspruch, dass dem Koch, der seine Gäste mit seiner »Cucina erotica« auf Genuss-Gipfel treibt, selbst die Freuden körperlicher Liebe versagt bleiben. Die Komödie ist eine sinnenfrohe und sehenswerte Geschichte über das Zusammenspiel zwischen Liebe und der Leidenschaft am Kochen und Essen. An einigen Stellen allerdings ist die Mascarponecreme auf nackter Haut ziemlich dick aufgetragen.
Die Geschichte spielt in einer biederen Kurstadt im Schwarzwald, in der der schüchterne Meisterkoch Gregor (Josef Ostendorf) ein winziges Restaurant für gut zahlende Gourmets betreibt. Auch die Kellnerin Eden (Charlotte Roche) verfällt den Künsten Gregors. Der Sinnenrausch reißt sie aus ihrem sexuell verödeten Eheleben. Die kulinarischen Geheimtreffen der beiden bleiben freilich nicht lange verborgen; was besonders Edens Ehemann bitter aufstößt. Er befürchtet, Frau und Tochter an den dickleibigen Genussmenschen zu verlieren, denn auch die behinderte Tochter Leonie (Leonie Stepp) befindet sich nach dem Genuss der selbst gebackenen Geburtstagstorte im Schokoladenhimmel. Für Gregor wird Eden zur persönlichen Muse.
Gern schaut man dem Maitre dabei zu, wie er kunstvoll den Fisch filetiert, Soße passiert, blickt ihm über die Schulter in brodelnde Töpfe. Eden genießt - die Kamera klebt an fettglänzenden Lippen. Wie immer in diesen Geschichten, in denen die Plots aus der Küche kommen, ist der Herd ein romantisch verklärter Ort.

Artikel vom 23.11.2006