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Das Duell der Kumpel

Handball: TSG heute in Lemgo - Korte möchte Schröder ärgern

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Der legendäre Trecker-Korso durch Altenhagen ist unvergessen. Die dicken Kumpel Florian Korte (20) und Malte Schröder (19) gehörten zu der TSG-Generation, die im Sommer 2005 nach der Handball-Westfalenmeisterschaft auch noch den Titel des Westdeutschen A-Jugendmeisters einheimste. Nach diesem Triumph, der in feierlichem Rahmen mit der bronzenen Sportplakette der Stadt Bielefeld gewürdigt wurde, trennten sich jedoch die sportlichen Wege der beiden 1,98 Meter-Hünen.

Derweil Korte der TSG Altenhagen-Heepen treu blieb, wagte Linkshänder Schröder den Wechsel zum Bundesliga-Unterbau des TBV Lemgo. War dieser Schritt damals von vielen skeptisch beäugt worden, so lässt sich heute festhalten: Alles richtig gemacht. »Das war das Beste, was ihm passieren konnte,« schwärmt Korte und blickt ein bisschen neidisch auf das, was sein bester Freund ihm seither voraus hat. Finanziell sowieso, ob beruflich (der TBV ermöglicht Schröder eine Ausbildung bei der Sparkasse) oder sportlich. Immerhin schnupperte der Linkshänder schon internationale Luft und stand gestern Abend bei der SG Kronau-Östringen schon zum sechsten Mal im Bundesligakader des TBV Lemgo.
Und Korte? Der Zivildienstleistende im Dialysezentrum Bethel war nach seinem ersten TSG-Seniorenjahr angesichts magerer Spielanteile (»Ich habe mich nicht wohl gefühlt«) so frustriert, dass er vor dieser Serie trotz gültigen Vertrages offen mit einem Wechsel zum Regionalligisten GWD Minden II flirtete. Doch sämtliche Formalien-Trümpfe lagen nun mal in TSG-Hand, und Korte gab schließlich klein bei. »Es wäre auf eine Gerichtsverhandlung herausgelaufen. Das wollte ich nicht.«
Nun ist es nicht so, dass der mit 60 Feldtoren zweitbeste TSG-Torschütze diese Entscheidung bereut hat - im Gegenteil. »Es läuft inzwischen ganz gut für mich. Ich arbeite mich mehr und mehr nach oben«. Sein Glück ist Martin Glüers Pech; eine hartnäckige Verletzung zwingt den Kontrahenten im linken Rückraum augenblicklich zu einer Pause. Auch heute Abend im Wiederholungsspiel bei der HSG Handball Lemgo II (20 Uhr, Volker-Zerbe-Halle) ist Florian Korte wieder erste Wahl.
Der 20-Jährige gönnt sich kein Verschnaufen. Montags und mittwochs trainiert der Frühaufsteher (»Ich muss jeden Morgen um 5 Uhr aus den Federn«) beim Zweitligisten HSG Augustdorf/Hövelhof mit. A-Jugendcoach Martin Räber hatte diese vom Verein geduldete Abmachung mit Diethard von Boenigk eingestilt, um nach Kortes geplatzten Ambitionen dessen Motivation neu zu entfachen. Dienstags und freitags ist TSG-Training angesetzt, und den Donnerstag verbringt der Modellathlet im Fitnessstudio.
In der kommenden Serie könnte sich eine (Luft-)Veränderung ergeben. Zum Wintersemester 2007 möchte Florian Korte Literatur- und Medienwissenschaften studieren. Möglichst heimatnah, aber vielleicht verschlägt's ihn auch nach Kiel, was womöglich einen Aufstieg in die 2. Liga zur Folge hätte. »Ich habe schon Kontakte zum TSV Altenholz geknüpft,« erzählt der Spaßvogel. In seinem Online-Steckbrief (www.hsg-bielefeld.de) verrät er neben seinem Lieblings-Straßenschild (Geschwindigkeit aufgehoben) auch sein Lebensziel: Profihandballer und Schriftsteller, mit Zweitwohnsitz auf Sylt.
Die Tagesform entscheidet: Korte oder Schröder - wer wird heute wem hinterher gratulieren müssen? »Wir legen beide Wert drauf, zu gewinnen,« will Korte der Crew seines Kumpels möglichst oft aus der zweiten Reihe einheizen. Wie vor elf Monaten, als er beim 34:37 nach dem Wechsel zehn Mal traf.
Seine ungezügelten, brachialen und mitunter vorschnellen Abschlusshandlungen polarisieren die kompetente TSG-Kulisse manchmal. Mal ertönt »Korte raus«, jüngst »Korte rein«. »Florian zeigt Höhen und Tiefen, er ist halt ein junger Bursche. Ich wünsche ihm mehr Konstanz,« weiß TSG-Trainer Jörg Harke um das große Potenzial seines »Halblinken«. Und um die Sympathien, die der TSG heute Abend in der Volker-Zerbe-Halle entgegen wehen: »Die ganze Liga drückt uns die Daumen, dass die Spitze wieder enger zusammenrückt.« Es wäre im vierten Anlauf das erste Mal, dass der frühere Bundesligaspieler des TBV den »geizigen« Lippern - aktuell die einzige Oberligamannschaft ohne Niederlage - etwas abringen könnte.

Artikel vom 23.11.2006