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»Die Sohnschaft hat ihn belastet«

Schriftsteller Klaus Mann wäre am Samstag 100 Jahre alt geworden

Berlin (dpa). »Er war homosexuell. Er war süchtig. Er war der Sohn Thomas Manns. Also war er dreifach geschlagen.« So schrieb Marcel Reich-Ranicki über Klaus Heinrich Thomas Mann, der vor 100 Jahren am 18. November geboren wurde.
Landete mit »Mephisto« einen Bestseller: Klaus Mann.Foto: dpa

Am 22. Mai 1949 nahm sich der Sohn des Literaturnobelpreisträgers im südfranzösischen Cannes das Leben. Klaus Mann wurde von vielen als die tragische Figur gesehen, die vielleicht nur ein Ziel hatte, wie Freunde meinten: »Er wollte Thomas Mann werden.« Und der meinte später in einem Nachruf auf Klaus Mann nüchtern: »Seine Sohnschaft mag ihm in der Frühe Spaß gemacht haben; später hat sie ihn belastet.«
Mit seinem »Mephisto« schrieb der Sohn nicht nur eines der bedeutendsten Beispiele deutscher Exil-Literatur im 20. Jahrhundert, sondern auch eine sarkastische Abrechnung mit deutschen Karrieren im Künstlermilieu unter dem Hakenkreuz, zum Beispiel der eines Schauspielers als »Affe des Diktators«, wie es Hermann Kesten formulierte. Als US-Staatsbürger und Soldat 1945 nach Deutschland zurückgekehrt, notierte Klaus Mann verbittert: »Das einzige, was den Deutschen leid tut, ist der verlorene Krieg.«
Sein Roman »Mephisto« blieb als »Schmähschrift in Romanform« auf Antrag eines Adoptivsohnes von Gustaf Gründgens in der Bundesrepublik jahrzehntelang verboten. Als Oscar-prämierte Verfilmung von Istvan Szabo mit Klaus Maria Brandauer und in der atemberaubenden Bühnenversion der französischen Regisseurin Ariane Mnouchkine machte »Mephisto« trotzdem Karriere, bis das Buch schließlich in den 80er Jahren bei Rowohlt herauskam und zu einem späten Bestseller in der Bundesrepublik avancierte.

Artikel vom 18.11.2006