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Ein Hauch von Himmel

Der Profi-Traum: Arminias U 18-Nationalspieler Maik Rodenberg

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Vor Beginn dieser Bundesliga-Spielzeit ließ Arminias U 19-Trainer Christian Böers seine Kicker Zettel ausfüllen, auf denen sie achtsam unter anderem auch ihre individuellen Zielvorstellungen präzisieren sollten. Beim 17-jährigen Maik Rodenberg stand da zu lesen: »Spielanteile. Noch besser: Stammplatz.«

Bei derlei Bescheidenheit ist es nachvollziehbar, dass Rodenberg von seiner rasanten Klettertour auf der Karriereleiter überrumpelt worden ist. Dass im November aktuell ein Trikot der deutschen Nationalmannschaft in seinem Schrank hängen würde, davon hat er »nicht mal zu träumen gewagt«.
Böers war damals im Sommer freilich schon klar, dass der 1,92 Meter große Innenverteidiger sein Potenzial »zu zurückhaltend« und »zu weit unten« einstufte. Womöglich ein Rodenberg'scher Wesenszug. »Ich stapel' lieber zuerst ein bisschen tief.« Also rückt Arminias Coach seinen Schützling, wertvoller Linksfuß, ins rechte Licht: Der zeige »Flexibilität auf hohem Niveau« und sei national ein »herausragender Spieler seines Jahrgangs auf seiner Position«.
U 18-Bundestrainer Horst Hrubesch scheint ebenfalls eine gewisse Vorahnung zu haben, welch Juwel da heranreifen könnte. Hrubesch weilte am Sonntag im Stadion Rußheide (wir berichteten gestern) und wollte im Meisterschaftsspiel gegen den Bonner SC gucken, wie Rodenberg nach der »Riesenbelastung« in der Türkei im Alltag »auf die Zähne beißt«.
Den Almbuben hatte er bei der Länderspielreise in der Türkei (2:1, 5:3) schätzen gelernt. »Der Junge bringt alle Anlagen mit. Er ist intelligent, ein guter Fußballer und hat die ihm übertragene Aufgabe absolut erfüllt. Maik kann mit seinem Debüt zufrieden sein,« stellt der 55-Jährige dem großen Blonden ein gutes Zeugnis aus, auch wenn er noch »zu lieb« sei. Derweil betrieb der Spieler eine barschere Selbstkritik und umschrieb seine jeweils 45-minütigen Länderspieleinsätze mit »einigermaßen okay. Es hat einfach nur Spaß gemacht; schön, das erleben zu dürfen.«
Und wie geht's weiter? Horst Hrubesch lächelt. »Wir können nur helfen, nur begleiten. Maik Rodenberg muss jetzt für sich entscheiden: Was bin ich bereit, dafür zu tun?« Die einzige stimmige Antwort für diese Frage liefert Hrubesch gleich im Schlepptau mit: »Er muss mehr tun als andere, um dahin zu kommen, wo er hin will.« Aber das tut er ja längst.
Der Spagat zwischen Sport und Schule, mit Freistellungen wohlwollend toleriert vom Direktor, ist anstrengend. Maik Rodenberg wohnt in Minden und besucht die zwölfte Jahrgangsstufe des Städtischen Gymnasiums Petershagen. Leistungskurse: Mathe und Physik. Alleine der logistische Aufwand, um mit der Bahn zum täglichen Training zu kommen, ist heftig. Auch für seine Eltern Friedrich (»Das Abitur ist ein Muss«) und Andrea, die ihn abends dann abholen. »Sie unterstützen mich stark. Ein Riesendankeschön,« sagt der Filius, der im Frühjahr seinen »Führerschein mit 17« erwarb.
Es war der heutige U 17-Coach Karl-Heinz Koberstein, der Maik Rodenberg 2003 von der SG Kutenhausen-Todtenhausen zum großen Nachbarn lotste. Stolz merkt Friedrich Rodenberg, zugleich 1. Vorsitzender des Vereins, an: »Vier Spieler aus unserem 89-er Jahrgang haben es bis in die Bundesliga gebracht«. Nämlich noch Armine André Kording, Christopher Heermann (Borussia Dortmund) sowie Fabian Wetter (Hannover 96). Der Vater beäugt aufmerksam das fußballerische Gedeihen seines mittleren Juniors - die Brüder Jan (15) und Arne (20) Rodenberg kicken bei der SVKT. »Wenn ich die zurückliegenden dreieinhalb Jahre Revue passieren lasse, ging es nicht immer nur bergauf. Maik wird auch wieder Täler durchschreiten.« Durch derlei prägende Phasen, das weiß der Senior, »bekommt man Einstellung.«
Horst Hrubeschs abschließende Empfehlung an die schreibende Zunft: Den Ball flach halten. »Hebt den Jungen jetzt nicht in den Himmel«. Seine deutliche Botschaft, auch an Maik Rodenberg: Denn da sei er noch längst nicht angekommen. Wenngleich das luxuriöse Katar am Persischen Golf - dorthin verschlägt es die deutsche U 18-Nationalmannschaft vom 7. bis 16. Januar 2007 ins Wintertrainingslager - dem Himmel womöglich ein bisschen näher erscheint als der trübe Teuto.
Niemand braucht ernsthaft Angst zu haben, dass Maik Rodenberg die Berufung in die DFB-Elite zu Kopf steigen könnte. Er weiß um seine einmalige Chance. »Ich habe viele kleine Ziele, möchte mich ruhig weiterentwickeln und das Bestmögliche erreichen,« sagt der sympathische Defensivmann. »Mein Traum ist es, Fußballprofi zu werden. Aber das ist noch so weit weg.« Weil der DSC Arminia das schnelllebige Fußballgeschäft aus dem eff-eff kennt, hat er seinen Jung-Nationalspieler erst im Oktober bis 2009 vertraglich an den Klub gebunden. Motto: Zunächst ist der Himmel mal blau...

Artikel vom 21.11.2006