18.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Hucke AG meldet Insolvenz an

Bekleidungshersteller zahlungsunfähig - 511 Mitarbeiter »geschockt«

Von Edgar Fels
Lübbecke (WB). Der traditionsreiche Bekleidungshersteller Hucke hat am Freitag aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten und Umsatzverlusten vor dem Amtsgericht Bielefeld Insolvenz angemeldet. 511 Beschäftigte, davon 300 am Standort Lübbecke, sind betroffen. Ein Sanierungsplan soll den Konzern retten.
Neuer Hucke-Chef: Gerd Eversheim.

Wie viele Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren, ist noch offen. Die Standorte Lübbecke, Stadtlohn und Hamburg sollen erhalten bleiben. An diesem Montag beginnen unter Leitung des vorläufigen Insolvenzverwalters Hans-Peter Burghardt (Herford) die Beratungen über den Sanierungsplan. Ihren Lohn erhalten die Mitarbeiter für die nächsten drei Monate aus der Insolvenzkasse. Auf die in diesem Monat fällige Jahressonderzahlung müssen sie verzichten.
»Die Mitarbeiter sind geschockt«, beschrieb die Betriebsratsvorsitzende Monika Vogelfänger (56) die Stimmung nach einer eilig einberufenen Betriebsversammlung. »Wir müssen diese Situation aber als Chance sehen, jetzt wieder neu anfangen zu können«, sagte Vogelfänger in Bad Oeynhausen »Und wir kämpfen darum, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten.«
Der im Oktober bestellte neue Vorstandsvorsitzende der Hucke AG, Gerd Eversheim (51), sagte, marktbedingte Umsatzverluste und Restrukturierungsaufwendungen hätten die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens so stark eingeschränkt, dass seine Existenz gefährdet ist. »Die Mittelzuflüsse aus dem operativen Geschäft sind zur Zeit deutlich niedriger als die Zahlungsverpflichtungen.« Daher sei nun eine tiefgreifende Sanierung notwendig. Um rechtliche Risiken zu vermeiden, habe man die Insolvenz beantragt.
Eversheim, zuvor bei der Deutschen Woolworth und der Kaufhof AG tätig, will eine Zerschlagung des Unternehmens verhindern. »Dies hätte nicht nur den Verlust eines Großteils der Arbeitsplätze zur Folge, sondern auch die Vernichtung eines im Kern gesunden Unternehmens.« Trotz der schlechten Ertragslage besitze die Hucke AG genügend gesunde Substanz, um die Trendwende aus eigener Kraft zu schaffen. Anlass zur Zuversicht geben Eversheim zufolge zum einen eine hohe Eigenkapitalquote, zum anderen das Fehlen von Bankverbindlichkeiten.
Zudem verfüge Hucke als einziger Vollsortimenter der Bekleidungsindustrie über mehrere attraktive Marken. An ihrem prominenten Werbepartner, dem Top-Model Eva Padberg, möchte Hucke mindestens noch eine Saison festhalten. Als wichtigste Eckpfeiler für das Überleben des Konzerns nannte Eversheim die pünktliche Auslieferung der Frühjahrskollektion sowie die Orderrunde für die Wintersaison 2007/2008. Der derzeitige Auftragsbestand betrage 50 Millionen Euro.
An der Börse löste die Nachricht der Insolvenz einen Kursturz der Hucke-Aktien von 40 Prozent aus. Zwischenzeitlich war der Handel mit den Hucke-Papieren für zwei Stunden ausgesetzt worden. 65 Prozent befinden sich im Streubesitz, die Beteiligungsgesellschaft Bowa hält 25,1 Prozent und der luxemburgische Fonds Axxion 10,2 Prozent. Im Geschäftsjahr 2005/2006 hatte Hucke einen Verlust von 11,5 Millionen Euro erwirtschaftet. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 18.11.2006