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Nach Foltermord will
SPD Ministerin kippen

Richterbund mahnt Politik zur Mäßigung


Düsseldorf (WB/dpa). Nach dem Foltermord an einem Häftling (20) im Siegburger Gefängnis hat die SPD am Freitag den Rücktritt von NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) gefordert. Diese lehnte das Ansinnen ab und erklärte, sie werde nicht gehen, sondern den Fall aufklären.
Unter Druck gerieten auch die Vollzugsbeamten der JVA. Fred Apostel, Sprecher der Staatsanwaltschaft Bonn, sagte, es gehe um die Frage, warum kein Beamter die Zelle betreten habe, nachdem das Opfer den Rufknopf gedrückt hatte. Zum anderen sei zu klären, warum der Aufseher, der später die Zelle aufsuchte, das Opfer nicht angesprochen habe. Mordkommission und Staatsanwaltschaft würden mit Hochdruck an dem Fall arbeiten, sagte Apostel.
Ein Sprecher des Justizministeriums erklärte, dass es keine Dienstanweisung gebe, wonach Vollzugsbeamte nach Auslösen der Rufanlage durch einen Häftling dessen Zelle betreten müssten. Sie hätten aber in jedem Fall zu reagieren, »das heißt, sie müssen Kontakt aufnehmen«. Dies könne auch über die Gegensprechanlage geschehen.
Die Grünen forderten angesichts »grober handwerklicher Fehler« die zügige Einsetzung einer Untersuchungskommission. »Die Justizministerin trägt die politische Verantwortung«, sagte Fraktionschefin Sylvia Löhrmann. Der Deutsche Richterbund appellierte hingegen an die Politiker, die furchtbaren Geschehnisse »auf keinen Fall im parteipolitischen Streit« zu zerreden. Zudem warnte der Chef des NRW-Richterbundes, Jens Gnisa aus Horn Bad-Meinberg, vor »Schnellschüssen« vor Abschluss der straf- und disziplinarrechtlichen Ermittlungen.
Drei Häftlinge hatten einen Mitgefangenen stundenlang gefoltert, sexuell missbraucht und schließlich ermordet. Zum Motiv hatte einer der Beschuldigten gesagt, sie wollten »einen Menschen sterben sehen«. Gegen die Häftlinge, allesamt Deutsche, wird wegen Mordes ermittelt.

Artikel vom 18.11.2006