18.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Jürgen Heinrich,
Deutsche Welthungerhilfe

»Nur wenn der Waffenstillstand von allen eingehalten wird, gibt es eine Lösung.Ê«

Leitartikel
China im Hintergrund

Das Drama um Darfur dauert an


Von Reinhard Brockmann
Diplomatie und Realität sind selten dasselbe. Totale Gegensätze bilden sie derzeit im flächengrößten Land Afrikas, dem Sudan. Erstmals hat dessen islamische Militärregierung dem Einsatz von UN-Truppen in der Bürgerkriegsprovinz Darfur zugestimmt.
In die gute Nachricht platzt eine Mobilmachung im Tschad sowie Kriegsgeschrei aus der Zentralafrikanischen Republik. Und was haben wir damit zu tun?
Mehr als genug: Der Bundeswehr droht hier der nächste Einsatz - sofern sie heil aus dem Kongo herauskommt. Außerdem musste die Deutsche Welthungerhilfe am Freitag 18 Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen evakuieren. Allein die Bonner Organisation bewahrt in Darfur bis zu eine halbe Million Menschen vor dem sicheren Hungertod. Im November werden nur 200 000 Flüchtlinge in den riesigen Wüstenlagern versorgt.
Nicht mit Soldaten, sondern mit Steuergeldern für humanitäre Zwecke ist die Bundesregierung dort seit Jahren indirekt aktiv. Gut angelegtes Geld, das mehr bewirkt als jeder Blauhelmeinsatz.
Bei einem Krisentreffen in Addis Abeba erreichten die Vereinten Nationen jetzt immerhin die seit langem überfällige Grundsatzeinigung, wonach Sudan UN-Soldaten in größerer Zahl duldet. Die UN denken an 17 000 Militärs und 3000 Polizisten, die vornehmlich aus afrikanischen Ländern kommen sollen. Sudans Emissär trat umgehend die Bremse, sprach von vielleicht 11 000 bis 12 000 Soldaten, die von einem Afrikaner kommandiert werden sollen.
Aktuell sind 7000 Mann der Afrikanischen Union (AU) im Einsatz, deren Mandat Ende des Jahres ausläuft. Eigentlich sollte die AU an diesem Krisenherd zeigen, dass Afrikaner ihre Problem selbst lösen können. Fehlanzeige: Es ist nicht gelungen, den Krieg und Übergriffe marodierender Reitermilizen zu beenden. Es ist schlimmer geworden.
Seit Beginn des Krieges in Darfur 2003 sind 2,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Die Zahl der Toten vermag niemand genau zu beziffern. Meist wird die Zahl 300 000 genannt.
Der nur schwer zu erklärende Konflikt um ausgreifende Wüstengebiete, islamistische Ansprüche und Anteile am Ölgeschäft gerät - wie so vieles derzeit - unter den Einfluss der Annäherung Afrikas an China. Die Volksrepublik ist Sudans heimlicher Verbündeter und seine kommende Kolonialmacht. So wie Peking Kongos Regierungschef Joseph Kabila einst zum Soldaten erzog, so durchdringt der gelbe Riese weite Teile Schwarzafrikas.
Soeben gingen zwei große Konferenzen zu Ende, bei denen jeweils ein Bündnis mit Afrika geschlossen wurde. In Brüssel verabredete Kommissionschef José Manuel Barroso eine »Strategische Allianz« mit 16 Regierungschefs. Beim China-Afrika-Gipfel waren 46 von 53 Präsidenten vertreten. Allen voran die korruptesten und maßlosesten Alleinherrscher, die diesen reichen Kontinent - von uns weitgehend schuldenfrei gestellt und von China in neue Zinsknechtschaft genommen - weiter ausbeuten.

Artikel vom 18.11.2006