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»Andere hätten gar
nicht mehr gespielt«

Artur Wichniarek über Tore, Fans und den Trainer

Bielefeld (WB). Arminia Bielefelds Aufschwung ist eng mit einem Namen verknüpft: Artur Wichniarek. Fünf Tore, fünf Torvorbereitungen - der Pole ist viertbester Scorer (Treffer und so genannte assists werden addiert) in der Fußball-Bundesliga. An 40 Prozent aller DSC-Tore ist der 29-Jährige beteiligt. Dabei sollte er vor der Saison schon aussortiert werden. Mit Artur Wichniarek sprach Sportredakteur Dirk Schuster.

Kein Armine trifft so häufig wie Sie. Hätten Sie das vor zweieinhalb Monaten für möglich gehalten, Herr Wichniarek?Artur Wichniarek: Dafür bin ich nach Bielefeld gekommen. Ich habe an meiner Qualität nie Zweifel gehabt. Gezweifelt haben andere, aus welchen Gründen weiß ich nicht.

Woran liegt's, dass es jetzt so gut läuft?Wichniarek: Jeder Fußballer braucht drei Dinge, um gut spielen zu können: Spielpraxis, Selbstvertrauen, Unterstützung. Bevor ich im Winter nach Bielefeld kam, habe ich kaum gespielt. Da konnte keiner erwarten, dass ich sofort wieder der Alte bin. So etwas geht nicht von Montag auf Dienstag. Mir war klar, dass ich Zeit brauche, aber die habe ich nicht bekommen.

Arminia Bielefeld hätte Ihnen bei einem Wechsel im Sommer keine Steine in den Weg gelegt. Sie sind geblieben. Warum?Wichniarek: Weil ich nie, wirklich nie den Gedanken gehabt habe, aufzugeben.

Aber Ihre Perspektive unter Trainer Thomas von Heesen sah lange Zeit düster aus.Wichniarek: Nach der harten Zeit in Berlin, wo ich kaum gespielt habe, und den Schwierigkeiten zu Beginn hier in Bielefeld hätten andere vielleicht gar kein Fußball mehr gespielt. Aber mir kann niemand den Spaß am Fußball nehmen. Fußball ist mein ganzes Leben.

Wer hat Ihnen in der schwersten Phase Mut zugesprochen, Sie zum Weitermachen animiert?Wichniarek: Mein Berater Andreas Grajewski, meine Mutter und natürlich meine Frau Kasia. Es war ja nicht nur für mich eine schwere Phase, sondern auch für meine Familie. Manchmal konnte ich zu Hause einfach nicht abschalten. Glauben Sie mir, ich habe gemerkt, wer auf meiner Seite ist. Ich habe jetzt weniger Freunde, aber dafür richtige.

Sie hatten es den Verletzungen anderer Spieler zu verdanken, dass Sie bei Arminia überhaupt zum Zuge kamen. Dann trafen Sie gegen Bayern. Dieses Tor scheint alles verändert zu haben.Wichniarek: Es war bestimmt besser, gegen Bayern zu treffen, als gegen einen anderen Verein, sagen wir Cottbus. Denn vorher war ich nur siebter Stürmer, obwohl wir ja nur vier Stürmer haben. Darum hat mir das Tor natürlich gut getan.

Arminias Fans haben zu Ihnen gehalten, auch in der Phase, in der es nicht lief.Wichniarek: Und dafür möchte ich ihnen ein großes Dankeschön aussprechen. Sie haben gehofft, dass ich hier ohne Ende Tore schieße, so wie früher. Aber sie hatten auch Geduld, als es noch nicht so lief. Sie haben eben nicht vergessen, was ich in der Vergangenheit für den Verein geleistet habe.

Jetzt schießen Sie wieder Tore. Aber Ihr Jubel wirkt noch nicht wirklich befreit. Eher so, als schwinge mit der Freude immer noch Frust über die lange Zeit der Nichtberücksichtigung mit. Ist das so?Wichniarek: Während meiner ersten Phase in Bielefeld hatte sich irgendwann ein Automatismus eingestellt. Es war klar, dass ich fast in jedem Spiel ein Tor schießen würde. In Berlin war es genau anders, da habe ich fast gar nicht getroffen. Um so mehr freue ich mich jetzt über jedes Tor, das mir gelingt. Das will ich zum Ausdruck bringen. Ich genieße es, wieder auf dem Platz zu sein. Ich habe das ganz alleine geschafft.

Könnten Sie sich vorstellen, eines Tages nach einem Torerfolg auf Ihren Trainer zuzulaufen, um mit ihm den Treffer zu feiern?Wichniarek: Eine schwere Frage. Grundsätzlich gilt: Er ist Profi, ich bin Profi. Ich spiele ja nicht für den Trainer, sondern für die Mannschaft, für den Verein. Wichtig ist, dass wir beide auf unsere Art dazu beitragen, dass innerhalb der Mannschaft die Stimmung gut ist. Ich denke, wir haben beide unseren Anteil daran.

Haben Sie sich je mit Thomas von Heesen ausgesprochen?Wichniarek: Wir sprechen ganz normal miteinander. Ich bin kein Typ, der mit dem Trainer Essen geht. Er ist mein Chef, und ich mache meinen Job. Wir müssen keine dicken Freunde sein.

Dafür wirkt das Zusammenspiel mit Ihren Teamkollegen um so harmonischer. Wichniarek: Die Abläufe klappen ganz gut. Unsere Außen Jonas Kamper und Jörg Böhme sind Spieler, die Zuma und mich im Strafraum finden wollen.

Arminia hat schon 19 Punkte gesammelt, und am Sonntag ist der VfL Wolfsburg zu Gast. Was kann die Mannschaft in diesem Spiel, was in dieser Serie erreichen?Wichniarek: Gegen Wolfsburg gibt's ein Geduldsspiel. Zurzeit haben wir zwar einen super Lauf. Aber 19 Punkte sind noch gar nichts. Wenn wir fünf Spieltage vor Schluss noch Fünfter sind, dann können wir über andere Ziele reden. Jetzt noch nicht.
Lesen Sie weitere Berichte zum Spiel DSC gegen Wolfsburg auf der folgenden Seite.

Artikel vom 18.11.2006