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Privates Urnenfeld ist
ein Fall für die Juristen

Bielefelder Steinmetz will Genehmigung einklagen

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Der Streit zwischen der Stadt Bielefeld und einem Brackweder Steinmetzbetrieb dauert schon ein Jahr. Jetzt haben die Mindener Verwaltungsrichter das Wort. Der Unternehmer fordert grünes Licht für seine Pläne, auf privatem Gelände in seiner Ausstellung Flächen für die Beisetzung von Urnen zu schaffen. Die Stadt sagt nein, verweist auf das Bestattungsgesetz NRW: Privatfriedhöfe sind nicht vorgesehen.

»Ein solches Verfahren ist in Nordrhein-Westfalen einzigartig. Es hat ähnliches noch nicht gegeben«, sagt Uwe Eweler. Der Mann vom städtischen Umweltbetrieb erhofft sich ebenso wie die Beklagte, die Stadt Bielefeld, ein eindeutiges Votum der Verwaltungsjuristen und damit langfristige Klarheit.
Immerhin gibt es in NRW ein Bestattungsgesetz: Das regelt die so genannte Bestattungspflicht, und es hat Friedhöfe in städtische Verwaltung gegeben. Von Kirchengemeinden betriebene örtliche Friedhöfe sind deshalb erlaubt, weil sich laut Gesetz »die Kommune bei Errichtung und Betrieb eines Friedhofes auch Dritter bedienen kann«. Allerdings: Träger eines Friedhofes kann kein Privatmann sein.
Der Bielefelder Steinmetz möchte auf seinem Betriebsgelände in Brackwede Platz schaffen für eine eingefriedete Fläche, erreichbar durch ein Tor, auf der Urnen mit der Asche Verstorbener in aufgestellten Stelen oder in einer zentralen Rasenfläche in der Erde beigesetzt werden können. Das wäre ganz klar ein Privatfriedhof, sagt man bei der Stadt, die nach ablehnendem Bescheid und abgelehntem Widerspruch des besagten Steinmetzes nunmehr als Beklagte vor Gericht gelandet und am kommenden Mittwoch zum mündlichen Verhandlungstermin geladen ist.
Der klagende Steinmetz selbst möchte sich im laufenden Verfahren zur Zeit ebenso wenig äußern wie die beklagte Stadt und ihr Rechtsbeistand, denn die Sache ist höchst sensibel. Die Entscheidung wird, so oder so, auf einen Präzedenzfall hinauslaufen, vermuten Fachleute. Uwe Jauer, Obermeister der Steinmetze, ist persönlich gegen die Einrichtung eines »Privatfriedhofes« auf dem Ausstellungsgelände eines Steinmetzkollegen, fürchtet aber im Falle einer entsprechenden Entscheidung in Minden, daß relativ schnell weitere Anlagen im Land beantragt werden würden. Auf Ablehnung stößt der Antrag auch bei Friedhofsgärtner Heinz Faust: »Der Betrieb von Friedhöfen ist klar geregelt. Der Gesetzgeber hat sich etwas dabei gedacht. Und so soll es auch bleiben.«
Während die Abhaltung von Trauerfeiern und die Arbeit der Friedhofsgärtner in der Vergangenheit wesentlich liberalisiert wurden, setzen die Kommunen bei der Auslegung des Bestattungsgesetzes im Lande auf angestammte Werte und Traditionen. Eine Einrichtung von Privatfriedhöfen ist nach Juristenmeinung grundsätzlich nicht vorgesehen.
Und selbst das Ausstreuen der Totenasche im Wurzelbereich von Bäumen, rein rechtlich möglich, kommt in Bielefeld in der Praxis nicht vor: Es ist an viel zu hohe Auflagen gebunden.

Artikel vom 17.11.2006