16.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Martyrium in JVA hat zwölf Stunden gedauert

Mord hinter Gittern: Mithäftlinge gestehen Tötung eines 20-jährigen Kleinkriminellen


Bonn/Herford (WB/dpa). Im Jugendgefängnis von Siegburg bei Bonn ist ein Häftling (20) zwölf Stunden gequält und dann ermordet worden. Die drei Tatverdächtigen, Mithäftlinge von 17, 19 und 20 Jahren, haben Geständnisse abgelegt. Einer gab an, sie wollten »einen Menschen sterben sehen«.
Dass die Tat lange unbemerkt blieb, erklärte Oberstaatsanwalt Fred Apostel gestern damit, dass sie Samstag begangen wurde, als das Personal wegen des Wochenendes reduziert war. Nach derzeitigem Ermittlungsstand werde gegen keinen Beamten wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht ermittelt. Es sei aber erschütternd, dass sich so etwas in einem Gefängnis zugetragen habe, wo Häftlinge unter dem Schutz des Staates ständen. »Der Mann ist geschlagen worden, er ist getreten worden, er musste Urin trinken. Es ist unfassbar«, sagte Apostel. Schließlich hätten die Beschuldigten drei Mal versucht, ihr Opfer aufzuhängen, der Strick sei aber jedes Mal gerissen. Mit Bettlakenstreifen sei die Tat schließlich ausgeführt worden. Während der Quälerei gelang es dem Opfer ein Mal, einen Rufknopf zu drücken und das Aufsichtspersonal zu alarmieren. Die Täter beteuerten aber über eine Sprechanlage, sie hätten den Schalter versehentlich berührt.
Der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD) verteidigte gestern die gemeinschaftliche Unterbringung junger Häftlinge. Falsch wäre es, alle Gefangenen in Einzelzellen unterzubringen, sagte Friedhelm Sanker aus Herford, Vize-Vorsitzender des NRW-Landesverbands. Vor allem zu Beginn einer Haft seien junge Straftäter oft selbstmordgefährdet. Dadurch dass sie über Nacht nicht allein seien, sinke das Selbstmordrisiko.

Artikel vom 16.11.2006