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Die Sanierung duldet
keinen Aufschub mehr

Generaldiektor Schindhelm geht doch nicht sofort

Berlin (dpa). Überraschende Wende in der Krise um die Berliner Opernstiftung: Generaldirektor Michael Schindhelm hat gestern seine außerordentliche Kündigung zurückgezogen.
Geht doch erst später: Michael Schindhelm.Foto: dpa

Das teilte der scheidende Kultursenator Thomas Flierl als Stiftungsratsvorsitzender nach einer außerordentlichen Sitzung des Stiftungsrates mit. Schindhelms Vertrag ende somit nicht sofort, sondern vorfristig am 1. April 2007 statt 2010. Darauf hätten sich beide Seiten verständigt. Allerdings sei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses vor dem 1. April ohne eine Fortzahlung der Bezüge einvernehmlich möglich.
Schindhelm hatte seinen Rücktritt erklärt, weil er keine ausreichende Grundlage mehr für eine konstruktive Zusammenarbeit mit Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sah, der ihn mehrfach öffentlich kritisiert hatte. Wowereit hat im neuen rot-roten Senat das Kulturressort an sich gezogen.
Schindhelm soll nun in der Übergangszeit seinen Nachfolger einarbeiten und sich vorrangig seinem Konzept zur Reform der Opernstiftung widmen, in der die Staatsoper, die Deutsche Oper und die Komische Oper unter einem Verwaltungsdach bei künstlerischer Eigenständigkeit der Intendanten zusammengefasst sind. Dazu gehört auch Schindhelms Vorschlag, an der Deutschen Oper einen »semi-stagione-Betrieb« einzuführen. Dabei werden anstelle des täglich wechselnden Repertoire-Betriebes bestimmte Aufführungen mehrere Tage oder Wochen hintereinander gezeigt.
Der Stiftungsrat unterstützt die Bemühungen des Regierenden Bürgermeisters, die Bundesregierung für eine Übernahme der Berliner Staatsoper zu gewinnen, was diese bisher allerdings abgelehnt hat. Auch dulde die Sanierung der Staatsoper keinen weiteren Aufschub, heißt es in der Erklärung der Opernstiftung. Ihr sollen die Zuschüsse von bisher 112 Millionen auf 99 Millionen bis 2009 gekürzt werden, was Schindhelm in dem vorgegebenen Zeitraum für unrealistisch hält.
Wowereit will den Rückzug Schindhelms zum Anlass für eine gründliche Neugestaltung der Opernlandschaft nehmen. Schindhelms Schritt sei eine persönliche Entscheidung, die respektiert werden müsse, erklärte Wowereit. Es zeige sich zunehmend, dass die Gründung der Opernstiftung bislang nicht ausreichend zur Lösung der grundsätzlichen Probleme beigetragen habe. Es sei aber »das erklärte Ziel des Senats, alle drei Opernhäuser zu erhalten.«
Oppositionsführer Friedbert Pflüger (CDU) warf Wowereit ein »selbst verschuldetes Desaster« in der Opernfrage vor, das einen kulturpolitischen Scherbenhaufen angerichtet habe. Schindhelm sei »vom Dauer-Mobbing Wowereits geplagt« gewesen. Pflüger forderte die Einberufung eines »Operngipfels« mit führenden Politikern, Mäzenen und Kulturschaffenden.

Artikel vom 16.11.2006