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Sommermärchen ohne Happyend

Nationalmannschaft verpatzt mit 1:1 auf Zypern den Jahresabschluss

Nikosia (dpa). Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat einen enttäuschenden Schlusspunkt unter das erfolgreiche WM-Jahr gesetzt und auf Zypern den ersten Rückschlag unter Bundestrainer Joachim Löw hinnehmen müssen.

Trotz des dürftigen 1:1 (1:1) gegen den Außenseiter von der Mittelmeerinsel übernahm der WM-Dritte am Mittwoch die Tabellenführung in der Gruppe D der Qualifikation zur Europameisterschaft 2008.
Das 35. Länderspiel-Tor von Kapitän Michael Ballack (15.) reichte nicht zum erhofften vierten Sieg auf dem Weg zur Endrunde in Österreich und der Schweiz. Ioannis Okkas (43.) gelang vor 16 000 Zuschauern im GSP-Stadion von Nikosia noch der verdiente Ausgleich für die kampfstarken Zyprer.
Damit musste die DFB-Elf ausgerechnet vor dem Duell gegen den schärfsten Rivalen Tschechien am 24. März kommenden Jahres in Prag einen empfindlichen Dämpfer hinnehmen. In dieser Partie fehlen auch Torjäger Miroslav Klose und Abwehrspieler Clemens Fritz, die sich wegen Foulspiels jeweils die zweite Gelbe Karte im Wettbewerb einhandelten.
»Wir müssen auch mal damit leben, dass wir nur unentschieden spielen«, sagte Löw nach seinem sechsten Spiel als Bundestrainer, dem ersten, das nicht mit einem Sieg endete. »Wir haben gemerkt, dass nicht alle die nötige Frische hatten. Wir haben alles versucht, alles gegeben, aber bei einigen lassen doch allmählich die Kräfte nach.« Von einem Rückschlag wollte der Klinsmann-Nachfolger dennoch nicht sprechen: »Man muss das Jahr positiv sehen.« Auch Philipp Lahm erklärte: »Das war kein Rückschritt. Wir haben schon vorher gesagt, es wird mit den Erfolgen nicht immer so weiter gehen. Nach dem 1:1 haben wir etwas den Faden verloren.«
Ohne die Stammkräfte Lukas Podolski und Bernd Schneider fehlten der deutschen Mannschaft gegen den 80. der Weltrangliste Offensivfreude und Durchschlagskraft. Zwar war Ballack in seinem 75. Länderspiel einmal mehr der Lenker im Mittelfeld und glänzte mit seinem 35. DFB-Tor auch erneut als Vollstrecker, doch wurde der 30-jährige Kapitän in seinem Bemühen von den Teamkollegen allzu oft allein gelassen.
Kaum in Szene setzen gegen die bisweilen ruppig einsteigenden Zyprer konnte sich der Bünder David Odonkor, der als Vertreter des verletzten Bernd Schneider den Vorzug vor Thomas Hitzlsperger erhalten hatte. Vor allem in der Rückwärtsbewegung offenbarte der Ex-Dortmunder Schwächen. Bei der Besetzung der Abwehr hatte Löw für eine Überraschung gesorgt. Nach gerade überstandener Fersen-Operation bei Per Mertesacker scheute der Bundestrainer bei dem Bremer noch das Risiko eines Einsatzes.
Lehmann-Vertreter Timo Hildebrand verbrachte in seinem fünften Länderspiel einen ruhigen Abend im Tor, ehe er in der 43. Minute durch den nicht unhaltbar scheinenden Schuss von Okkas kalt erwischt wurde. Fünf Minuten nach Wiederbeginn sorgte der Stuttgarter Keeper erneut für eine Schrecksekunde, als er beim Abschlag Konstantinos Charalambidis anschoss und Clemens Fritz die Situation retten musste.
Bei milden Temperaturen in der zyprischen Hauptstadt versuchte die deutsche Mannschaft gegen den 80. der Weltrangliste da anzuknüpfen, wo sie vor fünf Wochen beim glanzvollen Sieg in Bratislava aufgehört hatte. Doch die frühe Führung durch Ballack, der den Ball nach einem indirekten Freistoß aus 22 Metern flach ins Netz jagte, verlieh dem etwas nervös startenden Team nicht die erhoffte Souveränität.

Artikel vom 16.11.2006