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Wann kommen die Ordner?

Rechtschreibförderung für Fünftklässler am Helmholtz-Gymnasium

Von Hanne Biermann
(Text und Foto)
Bielefeld (WB). Spätestens seit der Pisa-Studie wird immer mehr Wert auf die individuelle Förderung von Schülern gelegt. Besonders im Fach Deutsch werden Kenntnisse vermittelt, die auch für alle anderen Unterrichtsfächer entscheidend sind, denn die Rechtschreibung ist ein fester Bestandteil der Bewertung von Klassenarbeiten und Klausuren. Auf die Stärken und Schwächen jedes einzelnen Schülers einzugehen, erscheint hier besonders wichtig.

Die Realität sieht allerdings anders aus: Große Klasse mit durchschnittlich 30 Kindern lassen einen individuellen Unterricht kaum zu.
Aus diesem Anlass suchte Petra Wieling, Deutschlehrerin am Helmholtz-Gymnasium, nach Möglichkeiten ihre Schüler besser fördern zu können und stieß auf den »Lernserver Interaktive Förderdiagnostik« der Universität Münster (WWU). Gemeinsam mit Dr. Oliver Krüger, ebenfalls Deutschlehrer am Helmholtz, führte sie das Projekt im vergangenen Jahr in einem Intensivkurs mit einigen Kindern durch, damals allerdings von den Eltern privat finanziert. Die positiven Erfahrungen mit dem Projekt führten dazu, dass in diesem Schuljahr bereits die gesamten fünften Klassen (145 Schüler) an dem Test teilnahmen.
Bei diesem Test wurden, in Form eines Lückendiktates, die Stärken und Schwächen jedes einzelnen Schülers ermittelt, wobei auch auf das Befinden des einzelnen Kindes Rücksicht genommen wurde. Unter der Leitung des Erziehungswissenschaftlers Prof. Dr. Friedrich Schönweiss wurden die Ergebnisse an der Uni Münster ausgewertet. Jedes Kind bekam daraufhin einen eigenen Ordner, in dem das Testergebnis genau aufgelistet ist und in dem die Kinder die speziell auf ihre Defizite zugeschnittenen Lernmaterialien sammeln können. Durch Lösungszettel können sie ihre Aufgaben selbst kontrollieren, was eigenständiges Arbeiten ermöglicht. »Sich selbst zu kontrollieren kennen die Kinder schon aus der Grundschule«, erklärt Krüger.
Da viele Schüler trotzdem Hilfe benötigen, wurde eine zusätzliche Deutschstunde für die fünften Klassen eingerichtet, in der die Schüler sich allein oder in Gruppen mit ihren Aufgaben beschäftigen und Lehrer Hilfestellungen geben können. Besonders bei Kindern, die Deutsch nicht als Muttersprache gelernt haben, kann dies notwendig sein. Benotet werden die Lösungen der Kinder nicht.
»Die Schüler sind hochmotiviert«, erzählt Dr. Oliver Krüger. Die Kinder hätten es kaum erwarten können ihren Ordner endlich in der Hand zu halten. Auch die Eltern begrüßen die Rechtschreibförderung. Ein Drittel der Kosten des in Bielefeld einzigartigen Projektes müssen die Eltern selbst finanzieren. Schulleiter Gerd Kranzmann bezeichnet dieses Geld aber als »gut angelegt«.
Einen Teil der finanziellen Mittel stellt die Stiftung der Sparkasse zur Verfügung, die auch andere Projekte für eine gute Schulbildung unterstützt. Gute Rechtschreibkenntnisse der Schüler seien »auch im Sinne der Sparkasse«, wie Manfred Brinkmann von der Stiftung erklärt, »wir wollen schließlich Mitarbeiter, die auch mal einen Brief schreiben können«.

Artikel vom 16.11.2006