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Ernst Ferstl,
österreichischer Lehrer und Buchautor

»Je falscher die
Richtung, desto
länger der Weg.«

Leitartikel
Bleiberecht - so oder so?

Schon wieder
zanken
Bettelbuben


Von Rolf Dressler
Der Innenpolitik-Fachmann Dieter Wiefelspütz von der SPD ist kein Poltergeist. Sogar auch die Konkurrenz kennt und schätzt den gelernten Juristen vielmehr als einen Mann des eher leiseren und abgewogenen Wortes.
Gleichwohl platzte ihm gestern ungewohnterweise doch einmal der Kragen. Wiefelspütz versprühte Funken. Denn es macht ihn nach eigenem Bekunden »stinksauer«, wie die Koalitionspartner CDU und CSU die bislang beste Bleiberechtsregelung überhaupt schon wieder zerredeten, kaum dass sie unter Mühen ausgehandelt worden sei.
Das kann man einerseits durchaus nachvollziehen. Andererseits aber beleuchten die Scharmützel, die jetzt neuerlich losbrechen, schlaglichtartig, was die herrschende Politik - wohlgemerkt aller Parteifarben - über Jahre, ja, Jahrzehnte hin namentlich in der Zuwanderungs- und Ausländerproblematik sträflich versäumt hat. Und zwar zum Nachteil der berechtigten, ureigenen (Schutz-) Interessen der angestammten deutschen Bevölkerung wie auch der ungezählten geduldeten Menschen aus vieler Herren Ländern und Kulturkreisen.
Gerade Letzteres übrigens wird noch immer weitgehend ausgeblendet. Insofern ist der Versuch der schwarz-roten Bundesregierung, endlich ein ordnendes Aufenthalts- und Bleiberecht zustande zu bringen, allemal lobenswert. Er war freilich längst überfällig.
Gänzlich unbegreiflich erscheint indes, weshalb noch im selben Atemzug schon wieder grotesker Streit über genau die neuralgischen Punkte ausbricht, auf die man sich doch eben erst geeinigt zu haben schien.
Nichts nervt selbst die langmütigsten Bürger und Hochabgaben-Zahler mehr als diese typischen Reflexe des Politikgeschäfts zwischen G'schaft'lhuberei, Komödien- und Tragödienstadl. Und nichts verdrießt die Leute mehr als die kostbare Zeit, die mit derlei (Schein-)Gefechten noch zusätzlich vertändelt und sinnlos vertan wird.
Die bittere Quittung für die Ver- säumnisse der Vergangenheit wird ohnehin locker an das Volk weitergereicht. Ohne mit der Wimper zu zucken, präsentiert man uns Steuerzahlern jetzt die horrende wachsenden Rechnungen einer chaotischen »Zuwanderungspolitik«, die diese Bezeichnung über Jahre und Jahrzehnte gar nicht verdiente.
Und wieder geraten sich die Parteien über genau das in die Haare, worauf sie sich angeblich gerade verständigt hatten. Ratlos beobachtet man, wie angeblich sachkundige Fraktions- und Regierungsgremien monatelang eine Bleiberechts-Übereinkunft ausbrüten, um sie sogleich wieder zum Zankapfel zu machen. Die beliebte Phrase, dass der Teufel bekanntlich im Detail stecke, zieht hier nicht.
Es ist genug geschlampt und geschludert worden in dieser wahrlich existentiell wichtigen Sache. Wer so verfährt, begibt sich und künftige Generationen in große Gefahr.
Und: Wie soll da zudem auch noch ein Mega-Vorhaben wie der Beitritt der Türkei zur Europäischen Union geschultert werden?

Artikel vom 16.11.2006