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Zu Hause im falschen Trikot

Arminia: Isaac Boakye kehrt mit dem VfL Wolfsburg nach Bielefeld zurück

Von Hans Peter Tipp
Bielefeld (WB). In der Volkswagenstadt trägt er die »13«. Vielleicht zeigt die Wahl der Rückennummer am besten, was sich Isaac Boakye, der im Sommer vom DSC Arminia zum VfL Wolfsburg wechselte, bei seinem neuen Arbeitgeber am meisten wünscht: mehr Glück als zuletzt in Bielefeld.

Der finanziell lukrative und deshalb ganz bewusst gewählte Neuanfang bei den Niedersachsen führt den Fußballprofi an diesem Sonntag um 17 Uhr an seine alte Arbeitsstätte: In der SchücoArena soll der 24 Jahre alte Boakye (in Wolfsburg noch ohne Treffer) erstmals von Beginn an neben Nationalspieler Mike Hanke stürmen. VfL-Trainer Klaus Augenthaler reagiert mit dieser Doppelspitze auf bislang unzureichende Offensivdarbietungen.
Weil aber hinter dem schwächsten Sturm (neun Tore) die stärkste Abwehr (zehn Gegentreffer) der Liga verteidigt, haben die »Wölfe« zuletzt sogar fünf Spiele in Folge ohne Niederlage überstanden. Zudem sind sie im Besitz einiger Liga-Bestmarken: Sieben Mal ließ Wolfsburg in dieser Saison keinen Gegentreffer zu - so oft wie kein anderes Team. Keeper Simon Jentzsch parierte 83 Prozent aller Torschüsse - das schafften noch nicht einmal die nationalmannschaftsverdächtigen Timo Hildebrandt und Robert Enke.
Aber der Einsatz des Keepers ist fraglich. Der 30-Jährige laboriert an einem Kapseleinriss im rechten Daumen und musste am Freitag wie schon tags zuvor das Training abbrechen. Eine Entscheidung über Jentzschs Mitwirken soll erst am heutigen Samstag nach dem Abschlusstraining fallen. »Danach wird Simon selbst entscheiden, ob es geht«, sagt Augenthaler. Sollte Jentzsch ausfallen, würde André Lenz ihn vertreten. Das war erst einmal der Fall: ausgerechnet bei einem Sieg in Bielefeld (2:1 am 21. Mai 2005).
Arminia-Trainer Thomas von Heesen erwartet unabhängig von der Torwartbesetzung einen Gegner, gegen den in erster Linie viel Geduld gefragt sei. Bei aller Vorfreude darauf, »zu Hause vor unseren tollen Fans« spielen zu können, warnte er seine Spieler, nicht zu gierig zu werden.
Aber auch Isaac Boakye, der Torgarant aus Ghana, wird sich bremsen müssen, denn an Motivation wird es ihm nach überstandenem Muskelfaserriss aus dem Pokalspiel in Freiburg gewiss nicht mangeln. Es ist schließlich »sein« Stadion, hier weiß er, wo die Tore stehen: 2003/2004 schoss er die Bielefelder mit 14 Toren in 26 Spielen in die erste Liga. Und es sind »seine« Fans, denn die hielten zu ihm, als er wegen Knieverletzungen Olympia 2004 und die WM 2006 verpasste. Das einzige Problem: Isaac Boakye, der bei 35 - zumeist kurzen - Erstligaeinsätzen im Arminia-Dress beachtliche zehn Tore erzielte, kommt am Sonntag im falschen Trikot.
Mit einer unfreundlichen Begrüßung rechnet der stets freundliche und positive Ghanaer dennoch nicht - warum denn auch? Schließlich hat der DSC ihm einiges zu verdanken. Er kehrt jedenfalls mit vielen guten Erinnerungen zurück. »Der Verein hat viel für mich getan. Ich hatte bei der Arminia eine gute Zeit und habe mich dort zu Hause gefühlt«, sagt er vor dem Wiedersehen, bei dem seine Familie, die zurzeit auf Deutschland-Besuch ist, anwesend sein will.
Den guten Kontakt nach Bielefeld pflegt Boakye auch weiterhin per Telefon und gegenseitigen Besuchen. Meistens trifft er sich dann mit dem Südafrikaner Sibusiso Zuma, der ihn in der vergangenen Saison wie ein großer Bruder anleitete. Am Sonntag aber ruht die interafrikanische Freundschaft ausnahmsweise - exakt 90 Minuten lang. Plus Nachspielzeit.

Artikel vom 18.11.2006