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Kleinkind von
eigener Mutter
missbraucht?

Aussage lässt sich kaum überprüfen

Von Christian Althoff
Paderborn (WB). Wegen Verdachts des Kindesmissbrauchs ermitteln Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft Paderborn gegen die alleinerziehende Mutter eines dreieinhalb Jahre alten Mädchens.

Die Ehe der Frau war 2005 geschieden worden. Der Vater nahm das Mädchen regelmäßig an den Wochenenden zu sich und stellte, wie er später bei der Kripo aussagte, vor einem Jahr erste Auffälligkeiten fest. So habe seine Tochter ihn aufgefordert, sie auf der Toilette zu fotografieren, »weil Mama das auch macht.« Zu einer Nachbarin soll das Kind nach deren Angaben gesagt haben, es wolle nicht mehr »mit Mamas Freund in die Badewanne.« Zudem imitiere das Mädchen mit seinen Stofftieren Geschlechtsverkehr, berichtet die Nachbarin, die über ihren Hund ein Vertrauensverhältnis zu dem Kind aufgebaut hatte.
Der Vater des Mädchens war beunruhigt, weil seine frühere Frau bereits vor Jahren im Verdacht gestanden haben soll, an der Verbreitung von Kinderpornographie im Internet beteiligt gewesen zu sein. Die Ermittlungen waren allerdings eingestellt worden. Der Vater wandte sich jetzt mit seinem Missbrauchsverdacht zunächst an die Beratungsstelle »Belladonna« in Paderborn. Die empfahl ihm, das Mädchen einer Kindertherapeutin vorzustellen, um auszuloten, ob das Kind auch gegenüber einer neutralen Person entsprechende Angaben macht.
Zu einem solchen Therapeutengespräch kam es jedoch nicht mehr. Als der Vater das Mädchen während eines Wochenendbesuches badete und abtrocknete, entdeckte er nach eigener Aussage eine Rötung im Intimbereich. Seine Tochter soll ihm erklärt haben, die Mutter habe dort »pieks gemacht mit einem Stock«. Der Vater stellte das Kind am nächsten Morgen im Paderborner St. Vincenz-Krankenhaus vor, wo die Dreieinhalbjährige gegenüber einer Ärztin die Schilderung wiederholte. Die Ärztin notierte, dass das Mädchen auf die Frage nach dem Warum mit Schulterzucken reagiert habe und dass es nach Angaben des Kindes ein einmaliger Vorfall gewesen sein soll. Das Mädchen habe seine Hände etwa 30 Zentimeter auseinandergehalten und gesagt, der Stock sei so groß gewesen.
Das Krankenhaus riet dem Vater zu einer kindergynäkologischen Untersuchung, die jedoch erst auf Anordnung der Kripo möglich sei. Deshalb erstattete der Mann schließlich Anzeige gegen seine Frau. Bei der weiteren Untersuchung des Kindes sollen jedoch keine Verletzungen festgestellt worden sein. Das Krankenhaus hat inzwischen einen umfangreichen Bericht an das Kreisjugendamt geschickt.
Die Mutter bestreitet die Vorwürfe entschieden und hat seit der Strafanzeige keinen Kontakt mehr zwischen Tochter und Vater zugelassen. Die Ermittler stehen vor dem Problem, dass sich die Angaben eines dreieinhalbjährigen Kindes kaum auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen lassen - auch nicht durch ein Glaubwürdigkeitsgutachten.
Der Anwalt des Vaters will dennoch versuchen, über das Familiengericht das Kind in einer neuen Umgebung unterzubringen.

Artikel vom 15.11.2006