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Das Sterben daheim ermöglichen

Palliativ-Versorgung - Was die Gesundheitsreform alles bringt - Teil 2

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Die Versorgung Sterbender, auch daheim im Kreis der Familie , soll mit der Gesundheitsreform verbessert werden.
Auch neu: Impfungen zahlt grundsätzlich die Kasse
Das am 1. April 2007 in Kraft tretende Gesetz schreibt erstmals einen besonderen Versorgungsanspruch aller Krankenversicherten fest. Der neue Artikel 37b, von der Fachwelt seit langem erwartet, lautet: »Versicherte mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, die eine besonders aufwändige Versorgung benötigen, haben Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativ-Versorgung.«
So genannte »Palliativ Care Teams« aus ärztlichem und pflegerischem Personal - unterstützt von Geistlichen und Sozialarbeitern - sollen in den Fällen, in denen die normalen Besuche des Hausarztes nicht ausreichen, todkranken Menschen ein würdevolles Sterben mit möglichst wenig Schmerzen ermöglichen. Die Neuregelung folgt der Erkenntnis, dass die meisten Menschen angeben, in ihrer gewohnten Umgebung sterben su wollen, de facto aber zwei Drittel in einem Krankenhaus ableben.
In Ostwestfalen-Lippe gibt es bereits Vorbereitungen: Das 100 Ärzte umfassende Netzwerk zur Palliativ-Versorgung in Bielefeld steht. Ein zweites im Kreis Paderborn startet Anfang Januar mit ähnlich vielen speziell geschulten (Haus-)Ärzten. Auch im Kreis Höxter möchten Ärzte nach diesem Muster arbeiten.
Die Palliativversorgung in Deutschland hat deutliche Fortschritte gemacht. Von einer »sehr positiven Entwicklung« und einer verbesserten Versorgung spricht Professor Eberhard Klaschik, langjähriger Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin: »Kein anderer Bereich in der Medizin hat derzeit eine solche Entwicklungsdynamik«.
Bundesweit gibt es 140 Hospize und 120 Palliativstationen. Bis zum Jahr 2010 sollen die Mittel für die Palliativversorgung auf 240 Millionen Euro pro Jahr steigen. Die Zahl der Lehrstühle für Palliativmedizin und der Stiftungen in diesem Bereich wächst.
Für eine flächendeckende Versorgung in Deutschland sind nach Berechnungen der Experten 350 Palliative Care-Teams, bestehend aus Arzt und Pflegekräften, notwendig. Noch nicht ausreichend eingebunden sind nach Darstellung von Prof. Klaschik Sozialarbeiter und Geistliche.
Außerdem neu im Gesetz:
Für Kinderhospize wird der Eigenanteil an den Kosten auf fünf Prozent halbiert.
Die Rehabilitation älterer Menschen durch mobile Reha-Teams soll Einweisungen in Pflegeheime solange wie möglich vermeiden.
Häusliche Krankenpflege gibt es künftig auch für (meist) Ältere in Wohngemeinschaften.
Wichtige Impfungen müssen künftig von der Krankenkasse bezahlt werden. Die Ständige Impfkommission entscheidet. Nächste Folge: Wenig Gutes für die Heilbäder

Artikel vom 14.11.2006