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Gesundheitsreform stockt

Noch Änderungswünsche nach Anhörung betroffener Verbände

Berlin (dpa). Kein Ende der Koalitionsdebatten um die geplante Gesundheitsreform: Unions- und SPD-Experten haben sich angesichts zahlreicher Bedenken betroffener Verbände gestern für Detailänderungen ausgesprochen.

Uneins sind Union und SPD, ob dazu mehr Beratungszeit nötig ist. Bei der parlamentarischen Anhörung warnten die Kassenärzte gestern vor einem Praxissterben und einer weiteren Verschlechterung der Versorgung in Ostdeutschland. Der Verein Freie Ärzteschaft warf der Koalition vor, die Reform ähnlich »wie in diktaturähnlichen Staatsformen« vorangepeitscht zu haben.
Die CDU-Gesundheitsexpertin Annette Widmann-Mauz sagte, im Gesetzentwurf gebe es noch »missverständliche Formulierungen«, die Gegenstand von Änderungsanträgen werden sollten. Dies habe die Anhörung betroffener Verbände ergeben. Die Reform müsse nicht zwingend Mitte Dezember im Bundestag beschlossen werden, ein späterer Zeitpunkt sei denkbar. Wichtig sei, dass das Gesetz wie geplant am 1. April 2007 starten kann. Der CSU-Sozialexperte Max Straubinger ergänzte, eine Verabschiedung wie vom Gesundheitsministerium geplant am 15. Dezember sei nicht möglich.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Carola Reimann, sagte hingegen: »An uns liegt es nicht.« Die SPD-Gesundheitspolitiker würden in der letzten Novemberwoche über Änderungswünsche beraten. Das Gesetz könne im Dezember beschlossen werden. Änderungen könne es etwa bei den Insolvenzregeln für Krankenkassen geben sowie bei der Definition sinnvoller Früherkennungsuntersuchungen.
Im Gesundheitsausschuss des Bundestags malte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ein schwarzes Bild von der künftigen Versorgung durch Praxisärzte. Der KBV-Vorsitzende Andreas Köhler warnte vor Praxispleiten insbesondere in den neuen Bundesländern. Erstmals drohten auch im Westen in größerem Umfang Insolvenzen von Praxen.
Die Verbraucherzentrale warnte davor, dass nicht mehr alle Praxen für alle Patienten offen sein könnten, wenn die Kassen mehr Möglichkeiten bekommen, direkte Verträge mit den Medizinern abzuschließen. Köhler warnte vor einem »Flickenteppich der Versorgung«. Mit gegenseitigen Warnungen setzten Ministerin Ulla Schmidt (SPD) und die organisierten Ärzten ihre Dauerstreit fort.

Artikel vom 14.11.2006