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Schuldenspirale dreht sich weiter

Bertelsmann-Stiftung: Länder müssen weitere Sparanstrengungen machen

Gütersloh (WB). Im Kampf gegen den drohenden Schuldenkollaps haben einer Studie zufolge vor allem ostdeutsche Bundesländer Fortschritte gemacht.
Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern müssten zwar weiterhin ihre Primärausgaben - alle Ausgaben ohne Zinsen - deutlich senken, um bis 2020 ihre Verschuldung auf dem heutigen Niveau zu stabilisieren. Die Finanzierungslücke sei im Vergleich zur Vorgängerstudie von 2005 jedoch um je acht Prozentpunkte gesunken, berichtete die Bertelsmann Stiftung gestern in Gütersloh.
Die absolut höchste Finanzierungslücke mit 5,63 Milliarden Euro oder 7,72 Prozent der Ausgaben hat Nordrhein-Westfalen. Allerdings gab es auch hier einen Rückgang um 2,75 Prozentpunkte im Vergleich zur Vorgängerstudie des vergangenen Jahres, die auf Haushaltszahlen des Jahres 2003 beruhte. Bei einer Fortsetzung der Haushaltspolitik würde der Schuldenstand von 27,2 Prozent in 2005 auf 44,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts 2020 steigen. Selbst die Mehrwertsteuererhöhung Anfang 2007 könne aber nicht verhindern, dass sich die Schuldenspirale in fast allen Bundesländern weiter dreht, falls sich die Finanzpolitik nicht ändert.
Die Stiftung forderte ein »sanktionierbares Verschuldungsverbot« in der Verfassung. Dies sei nötig, um die Explosion der öffentlichen Verschuldung zu verhindern und Handlungsspielräume nicht noch mehr einzuengen. Die Staatsausgaben müssen nach Einschätzung der Stiftung gesenkt, alle Subventionen kritisch überprüft werden. Weitere Wege seien die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, der Ausstieg aus dem Berufsbeamtentum und moderate Steuererhöhungen.
Bleibt es bei der bisherigen Ausgabenpolitik, würde der Studie zufolge die gesamtstaatliche Verschuldung von 63,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts 2004 auf 72,6 Prozent 2020 steigen - ohne Steuererhöhung sogar auf 85,2 Prozent. Besonders dramatisch sei die Lage in Berlin und Bremen, ermittelte die Stiftung in ihrem »Schuldenmonitor«. In der Hauptstadt drohe sogar im Fall höherer Steuereinnahmequoten der Anstieg auf 130,7 Prozent nach 72,1 Prozent 2004, in Bremen von 50,3 auf 110,8 Prozent. Wegen der Mehrwertsteuererhöhung geht der Schuldenmonitor zwar für 2007 von zusätzlichen Steuereinnahmen von 19,4 Milliarden Euro aus. Dennoch muss Berlin 15,3 Prozent seiner Primärausgaben (2,71 Milliarden Euro) einsparen, beim Spitzenreiter Bremen sind es sogar 22 Prozent, was 800 Millionen Euro entspricht. Allerdings gibt es auch Ausnahmen: Bayern kann 290 Millionen Euro mehr ausgeben, der Bund sogar 1,61 Milliarden Euro.
Unterdessen hat sich der starke Anstieg der Steuereinnahmen für Bund und Länder fortgesetzt. Im Oktober verbuchte der Staat ein Plus von insgesamt 9,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Zwischen Januar und Oktober erhöhten sich die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen um 8,0 Prozent auf 349,45 Milliarden Euro. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 14.11.2006