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Bei »Hotti« geht die Post ab

Multifunktionär Bredemeier im Dauerstress - nicht nur vor der WM

Von Volker Krusche
Minden (WB). Der Countdown läuft. Nach Fußballern, Reitern und Hockeyspielern tragen auch die Handballer ihre Weltmeisterschaft im eigenen Lande aus. Noch 65 Tage, dann stehen sich in Berlin im Eröffnungsspiel Deutschland und Brasilien gegenüber. Im Fußball ein absoluter Brüller, im Handball allerdings nur eine Pflichtaufgabe für die DHB-Auswahl.

Horst Bredemeier ist einer, der nicht nur während der Titelkämpfe vom 19. Januar bis 4. Februar mittendrin statt nur dabei ist. Manager von Bundesligist GWD Minden, als Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Handball-Bundes (DHB) unter anderem für die Nationalmannschaften und die Schiedsrichter zuständig, daneben Geschäftsführer seiner eigenen Promotion- und Marketing-Firma. Und ab 30. November wahrscheinlich auch noch 1. Vorsitzender seines Heimatvereins (»Wer laut brüllt, muss sich auch den Aufgaben stellen«) - »Hotti« fährt wie immer mehrgleisig. Doch eine Aufgabe nimmt ihn derzeit in stärkstem Maße in Anspruch.
Der ehemalige Briefträger aus dem Handballdorf Dankersen gehört dem achtköpfigen Organisationskomitee für die WM an und ist hier der »Hans Dampf« in allen Gassen. Nicht wenige bezeichnen Bredemeier als den »Franz Beckenbauer des deutschen Handballs«. Eine Bezeichnung, die er gar nicht gern hört. »Der Vergleich hinkt. An Franz kann ich gar nicht herankommen. Meine Außenwirkung entspringt in erster Linie der tragenden Rolle, die sich aus meinem Ressort ergibt.« Der 54-Jährige zeichnet für den großen Bereich Spieltechnik und Marketing verantwortlich. Sporthallen, Unterkünfte, Transfer und vieles mehr gehören zu seinem Aufgabengebiet. Da bleibt in der Tat nicht mehr viel Zeit für andere Dinge. Oder? »Ich setze mich am Samstag und Sonntag meist für einige Stunden ins Büro und erledige andere Arbeiten.« Es käme aber trotz der WM-Belastung keiner zu kurz, »schließlich habe ich sowohl in der Geschäftsstelle von GWD in Minden als auch in der des Deutschen Handball-Bundes mehrere Sekretärinnen, auf die ich mich ganz und gar verlassen kann und die mir viel Arbeit abnehmen.«
Man muss allerdings schon Glück haben, will man »Hotti« mal für ein, zwei Stündchen für sich gewinnen, obwohl der sich gern für ein Fachgespräch oder ein Interview Zeit nimmt. Denn Horst Bredemeier weiß nur zu gut, wie wichtig die Medien für den Handball sind. Zwischen seinem Abstecher bei der Nationalmannschaft und einem weiteren Meeting mit der Internationalen Handball Föderation (IHF) gibt der »graue Wolf«, wie in viele Freunde aufgrund seiner inzwischen ergrauten Haarpracht nennen, bereitwillig einen »Wasserstandsbericht«. Die Aussage von Alexander Kozhukhov, seitens der IHF für den Ablauf der WM verantwortlich, dass die Titelkämpfe eigentlich morgen schon beginnen könnten, wertet Bredemeier als Kompliment für die bislang geleistete Arbeit. »Allerdings gibt es noch reichlich Baustellen. Wir liegen aber voll im Zeitplan.«
Er müsse nun detailliert festlegen, »wann wer kommt und wie der Transport der Teams nach der Vorrunde organisiert wird«. Der Dienstag nach der ersten Gruppenphase ist nämlich als Reisetag gedacht. »Da müssen weitere vier Mannschaften nach Halle und sechs nach Mannheim.« Außerdem brechen die Dritt- und Viertplazierten zum Presidents-Cup (Bredemeier: »Der steht als Entwicklungshilfe für die kleineren Nationen«) nach Dortmund und Lemgo auf. Für die 24 Nationen werden zudem entsprechende Guides ausgewählt. »Und dann gilt es vom Busfahrer, über den Hallensprecher, die Zeitnehmer und Sekretäre bis hin zur Mannschaft alle einheitlich einzukleiden.« In enger Abstimmung mit dem ZOK (Zentrales Organisations-Komitee) und den LOKs (Lokale Organisations-Komitees) würden pro Veranstaltungsort zudem zehn Hostessen ausgewählt und 800 freiwillige Helfer zum Einsatz kommen.
Daneben muss die komplette Technik organisiert werden. »Nicht, dass uns wie bei der Pokal-Endrunde in Hamburg ständig die Zeitnahme ausfällt. Das muss von A bis Z alles reibungslos funktionieren.« Daher trifft sich Bredemeier auch mit den Technikern. Und dann gilt es noch, an den Spielorten ausreichend Plätze für die Journalisten frei zu halten. »Wir rechnen allein mit 800 Medienvertretern der schreibenden Zunft. Hinzu kommen noch die Vertreter von Funk und Fernsehen. Die wollen alle ihre Plätze haben.« Daher ist eine volle Auslastung nur mit zahlenden Besuchern auch nicht möglich. Das große Medieninteresse spiegele sich auch in den unterschiedlichen Aktionen, die seitens des DHB im Vorfeld der WM angeschoben wurden, wieder. So läuft noch bis zum 6. Dezember die Roadshow mit Bundestrainer Heiner Brand. »Mit der Resonanz sind wir sehr zufrieden. Der Bekanntheitsgrad wird stetig gesteigert. Von den berühmten fünf Prozent vor einem halben Jahr sind wir inzwischen bei mehr als 40 Prozent angelangt. Unser Ziel ist es, dass im Januar 70 Prozent der Deutschen wissen, dass in ihrem Land eine Handball-WM stattfindet.« Dazu trägt Maskottchen »Hannibal« ebenso bei, wie Werbeflächen auf dem Parkett aller Bundesliga-Hallen und Präsentationsständen bei der 17 der 18 Erstligisten. Nur der TuS N-Lübbecke hat in seiner engen Kreissporthalle dafür keinen Platz.
Eines ist Horst Bredemeier noch sehr wichtig. Vor Monaten noch hieß es, dass der DHB das eigene Sponsoring neben dem der IHF verpasst hätte. »Da waren einige mit ihrem Urteil zu voreilig. Wir haben inzwischen einiges auf die Beine stellen können, verfügen allein über sechs große nationale Partner, die uns einen siebenstelligen Betrag in die Kasse spülen.« Und ein Teil dieses Geldes wird gleich wieder in die WM finanziert. »Der geht in Marketing-Aktionen- und Öffentlichkeitsarbeit. Damit wird den Handball noch bekannter machen.« Mit »Medien-Mann« Horst Bredemeier sollte dies auf jeden Fall gelingen.

Artikel vom 15.11.2006