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Bauarbeiter schultern Risiko

Arbeitsschutz: Gewerkschaft findet immer häufiger gravierende Mängel

Von Edgar Fels
Bielefeld (WB). Bauarbeiter leben gefährlich. Ihr Unfallrisiko ist doppelt so hoch wie das anderer Berufsgruppen. Dennoch wird das Thema Sicherheit auch auf Baustellen in Ostwestfalen-Lippe von vielen Beschäftigten und Unternehmen auf die leichte Schulter genommen.

»Es wird an allem gespart: an Arbeitshandschuhen, Helmen, Schutzkleidung«, empören sich Jürgen Lechtenbörger und Klaus Bergert von der Gewerkschaft IG Bau. 75 Baustellen im Raum Bielefeld und Gütersloh haben die Funktionäre in den vergangenen Wochen in Sachen Sicherheit unter die Lupe genommen. Ergebnis: Jede vierte Baustelle wies gravierende Mängel auf.
Mal war ein Gerüst nicht ordnungsgemäß aufgestellt, mal fehlte ein Bauwagen, in den sich die Arbeiter in ihrer Mittagspause zurückziehen können. In mehreren Fällen fehlte ein Toilettenwagen. »Da müssen die Bauarbeiter ins Gebüsch gehen«, ärgert sich Gerhard Citrich, Arbeitsschutz-Experte der IG Bau und Mitglied des Bundesvorstandes.
In einem weiteren Fall diente den Bauarbeitern ein Eimer Wasser als Waschgelegenheit. Der zur Rede gestellte Unternehmer wehrte sich gegen die Kritik daran mit dem Satz: »Meine Mitarbeiter sind alle gegen Tetanus geimpft, die brauchen keinen Waschwagen.«
Dabei haben Maurer, Betonbauer, Zimmerleute & Co. ein Recht auf Sanitärräume, ebenso auf eine Tagesunterkunft, sofern die Baustelle für mehr als eine Woche eingerichtet ist und mehr als vier Mitarbeiter dort ständig beschäftigt sind. Zudem müssen die Tagesunterkünfte in der Zeit vom 15. Oktober bis 30. April Heizungen haben, die eine Temperatur von 21 Grad ermöglichen.
»Viele Beschäftigte auf dem Bau sind mit 55 Jahre kaputt«, beklagt Citrich das häufige Fehlen von Arbeits- und Gesundheitsschutz. Für ihn ist daher Aufklärung das Gebot der Stunde. Leider seien es oft genug die Mitarbeiter selbst, die aus Bequemlichkeit etwa auf das Tragen eines Helms oder eines Hörschutzes verzichten. Auf einer Baustelle in einem Neubaugebiet in Bielefeld trug nicht einer der sieben Maurer einen Helm und der Polier verrichtete seine Arbeit in Schlappen, statt Sicherheitsschuhe zu tragen. »Unglaublich«, schüttelt Bergert den Kopf.
Kein Grund zu Beanstandungen hatte die Gewerkschaft bei Baustellen der großen Unternehmen. So sei die Firma Schröder (Isselhorst), die für das neue Gewerkschaftshaus den Rohbau fertigt, eine Musterbaustelle, lobt Bergert.
In OWL sind etwa 8000 Beschäftigte im Bauhauptgewerbe tätig.

Artikel vom 11.11.2006