Der Kollege ist ein vorsichtiger Mensch. Er bedenkt seine Schritte haargenau, ist besonnen und überlegt. Langsam und besonnen ist er auch im Umgang mit dem eigenen Kraftfahrzeug, mit dem er sich bereits seit nahezu 20 Jahren unfallfrei durch den Verkehr der Großstadt zu den jeweiligen Fahrzielen durchgeschlagen hat. Insbesondere der Winter war für ihn stets eine echte Herausforderung. Schließlich hat der gute Mann seit besagten 20 Jahren bei seinem Fahrzeug stets auf den Einsatz von Winterreifen verzichtet, sich auf mehr oder weniger profiliertem Alltagsgummi durchgekämpft. In Schilderungen bei der Kaffeerunde oder während der Mittagspause nahmen die Kollegen immer wieder Anteil an seinen Heimfahrten ins Weserbergland, die bei Schneesturm zum Fest oder Eisglätte zum Jahreswechsel auch schon einmal vor der Gauseköte endeten und zur Rückkehr zwangen. Man sah das ganze Drama dieser Einsatzfahrten meist haargenau vor Augen, wenn sich die schlingernde Limousine mit Heckantrieb auf gewölbten Straßenrücken zwischen Chausseebäumen hidurch den Weg bahnte, Wischerblätter die Flockenmacht kaum von der Windschutzscheibe befördern konnten und das Gebläse der Heizung mit Mühe Sehschlitze für den Fahrer offen halten konnte. In diesem Winter wird alles anders. Seine Ankündigung ließ die Kollegen aufhorchen. Die gefütterten Winterschuhe trägt er weiter. Aber ein Jahr vor Auslieferung eines neuen Automobils hat er umgerüstet, sich den neuen gesetzlichen Verordnungen gefügt: »Ich bekomme jetzt Winterreifen. Aber ohne Felgen...«Michael Diekmann
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