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Bielefelder Ärzte betreiben
jetzt eigenen Pflegedienst

Konkurrenz sieht »Interessenkonflikt« und tagt Montag

Von Gerhard Hülsegge
und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). 40 Hausärzte in Bielefeld betreiben jetzt ihren eigenen ambulanten Pflegedienst, die »TeutoCare AG«. Etwa gleich viele andere private Pflegedienste befürchten »Interessenkonflikte«, wollen kommenden Montag bei Nobilitas die neue Situation beraten.

»Das ist schon eine harte Nummer«, hieß es gestern aus Teilnehmer-Kreisen. Sie hatten durch den Landesverband der Alten- und Krankenpflege (LSK) von der Gründung des Konkurrenz-Unternehmens erfahren. Dabei wirbt »TeutoCare« bereits sogar im Internet um Kunden. Und an der Westerfeldstraße 26 in Schildesche hat ein achtköpfiges Pflegeteam um Heike (kaufmännische Leitung) und Andreas Stenzel (Verwaltung) Einzug gehalten. Ihr Einzugsgebiet erstreckt sich von Bielefeld-Mitte bis in den Norden der Stadt. Angeboten wird alles von der Körperpflege über medizinische Behandlungspflege bis zur Sterbebegleitung. Selbst Hausbesuche vom Frisör werden organisiert.
»Pflege und Hausarzt - ein starkes Team«, dieser Slogan liegt den anderen ambulanten Pflegediensten arg im Magen. Ihre Befürchtung: Sie könnten bei der Empfehlung ambulanter Pflegedienste in den Arztpraxen künftig leer ausgehen, die Ärzte hingegen mehr verordnen, um die Kosten über den eigenen Pflegedienst abzurechen. Und welcher Patient wird es überhaupt noch wagen, andere Dienste als die der Ärzteschaft in Anspruch zu nehmen?
»Wir wollen die Pflegelandschaft nicht von hinten aufrollen«, beruhigt Dr. Klaus Reinhardt, zusammen mit dem Allgemeinmediziner Dr. Thomas Kleinau aus Jöllenbeck im Vorstand der TeutoCare AG, die Gemüter. Im Gegenteil; da der Pflegebedarf in den kommenden Jahren weiter zunehmen werde, kann sich der Internist aus Quelle sogar Kooperationen mit anderen Dienstleistern vorstellen.
Die Gründung des ärzteeigenen Pflegedienstes in Bielefeld ist laut Dr. Reinhardt »keine gewinnträchtige Veranstaltung«, sondern insbesondere erfolgt, um »einen Zugriff auf die Qualität« zu haben. Zwar sei man mit den Leistungen vieler Pflegedienste sehr zufrieden. »Es wird aber auch eine Menge Schindluder getrieben, auf den wir keinen Einfluss haben«, erklärte der Mediziner gestern gegenüber dem WESTFALEN-BLATT. Deshalb bräuchten die Ärzte eine bessere Übersicht, was wirklich notwendig sei. Man werde also nicht mehr, sondern vermutlich weniger verschreiben als bisher. Wer zu viel verordne, werde ohnehin von den Krankenkassen haftbar gemacht und in Regress genommen.
Die TeutoCare AG plant keinen Gang an die Börse. Gesellschafteranteile sollen auch künftig den beteiligten Ärzten vorbehalten bleiben. Ärzte als Pflegedienstunternehmer - das gibt es schon im niedersächsischen Bohmte, in Berlin und im Sauerland. Für Ostwestfalen könnten die Bielefelder eine Vorreiterrolle übernehmen.
www.teutocare.eu

Artikel vom 11.11.2006