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Johann Jakob Mohr,
»Über Leben und Kunst«

»Genial ist, wer Augen hat für das, was ihm direkt vor den Füßen liegt.«

Leitartikel
Steinbrücks Heidewitzka-Stil

Peer allein
auf
weiter Flur?


Von Rolf Dressler
Deutschland strengt sich an. Väterchen Staats Steuerquellen sprudeln wie lange nicht mehr. Den vom Volk Gewählten muss darüber das Herz aufgehen.
Doch die Wortführer auch der schwarz-roten Politik sinnen fortwährend auf neue Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, den ohnehin schon mächtigen Geldstrom von uns Bürgern in die öffentlichen Moloch-Kassen noch weiter zu verstärken. Lobenswert ist immerhin die hehre Zielvorgabe, die bereits seit langem unerträglich ausufernde Neuverschuldung mit Macht zu verringern und bis 2010 auf »nahe Null« hinunterzudrücken. Und wenn Union und SPD sich darin tatsächlich einig sein sollten, kann das Land und Leuten in die Zukunft hinein nur von Nutzen sein.
In dieses positive Bild passt allerdings manches ganz und gar nicht. Zum Beispiel das, was unser Chefkassenwart Peer Steinbrück, am Donnerstag einfach mal so in die Runde geworfen hat.
In der ihm zu eigenen Heidewitzka-Manier verkündete der Sozialdemokrat vor Berliner Studenten aufregend Fetziges: »Gutverdiener« müssten »staatliche Lei- stungen«, die sie über Jahre hin erhalten hätten, zurückzahlen. Aber nicht etwa auf umständlichen Verwaltungsämter-Wegen, sondern am besten und einfach- sten über gebührend kräftige Zwangsaufschläge auf die Einkommensteuer.
Auch wenn Steinbrück, offenbar ein wenig erschrocken über die Reaktionen, es im nachhinein so eigentlich weder gesagt noch gemeint haben will: Ein paar Fra- gen drängen sich dennoch auf:
- Wo verläuft die Grenzlinie zu den Gutverdienern?
- Vor allem aber: Was genau möchte Steinbrück bei »den« Gutbetuchten wieder eingesammelt sehen? Das Kindergeld? Staatliche Beihilfen zu Hauserwerb, Modernisierung oder Wohnungskauf? Die legendäre 7b-Abschreibung und andere vormals gesetzlich verbriefte Vergünstigungen, etwa bei Fondsbeteiligungen?
Wenn der Staat sich das alles im Steinbrück-Hurrastil tatsächlich rückwirkend wieder einverleiben sollte, würde er abermals den Vertrauensschutz mit Füßen treten. Genauso ist es bekanntlich erst vor kurzem Millionen gutgläubigen Bürgern ergangen, die urplötzlich nachträglich (!) Krankenversicherungsbeiträge auf ihre oft jahrzehntelang treu und brav berappten Lebensversicherungsprämien zahlen müssen.
Ist Peer Steinbrück allein vorgeprescht - oder denkt man in der Unionsspitze insgeheim sehr ähnlich? Das allerdings würde den Groll im Volke nur noch steigern.
Bezeichnend übrigens eine fri- sche »Studie« der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung.
Zu den Deutschen mit einem »geschlossenen rechtsextremen Weltbild« gehörten angeblich auch jene, die, gleich welchen Alters, Berufs- und Bildungsstandes, von der Politik tief enttäuscht seien und deshalb nicht mehr wählen gingen.
Dringende Mahnung: Vorsicht vor Gesinnungsaufsehern - ob von links- oder rechtsaußen.
Glaubwürdiges, verlässliches politisches Handeln ist gefordert.

Artikel vom 11.11.2006