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Dramatische Rettung der Kaffeemühle

Theater-Märchen mit Kasperl und Seppel und Hotzenplotz begeistert das Publikum

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Der Hotzenplotz, oje, er ist der allerböseste Räuber im gaaaaanzen Landkreis. Dass er aber nicht nur weiß, wie man mit der Pfefferpistole umgeht, sondern auch ein bisschen dumm ist, das bekommen die Kinder und der Kasperl und der Seppel schnell spitz.

Selbst der böse und mächtige Zauberer Petrosilius Zwackelmann, der alles kann bis aufs Kartoffelschälen, vermag es nicht, die Kinder zu täuschen. Und deshalb feuern die Kinder denn auch die Guten an und lassen sich von den Bösen nicht ins Bockshorn jagen im Märchen »Der Räuber Hotzenplotz« von Otfried Preussler, das Sonntag im Stadttheater Premiere hatte.
Es gibt viel zu sehen, zu staunen und zu lachen in der Inszenierung von Roland Hüve. Typische Kasperletheater-Figuren agieren auf einer Bühne, auf der die Ausstatter Timo Dentler und Okarina Peter alle Register gezogen haben: Der Unkenpfuhl liegt tatsächlich tief im Keller, in Zwackelmanns Schloss werden die erstaunlichsten Zaubertricks zelebriert, der Wald, der aus Jutebahnen besteht, wird durch den Einsatz von Licht zu einem beängstigenden Ort und Großmutters Haus sieht aus wie frisch aus dem Puppentheater importiert: urgemütlich, mit Blumenkasten unterm Fenster und Ruhebank neben der Tür.
Jeder der sieben Schauspieler spielt - eine Besonderheit in ansonsten meist figurenreichen Märchen - nur eine Rolle. Und jeder von ihnen macht aus seiner Rolle ein kleines Kabinettstückchen. Kasperl (Julian M. Grünthal) und Seppel (Alexander Wagner) sind richtig gute Freunde, die sich ergänzen und sehr mögen, Großmutter (Katharina Brenner) und Wachtmeister Dimpfelmoser (Benjamin Armbruster) singen ein Lied zusammen und Großmutter übersieht geflissentlich Dimpfelmosers Untätigkeit, Hotzenplotz (Wolfgang Schmidt) ist ein Räuber wie aus dem Bilderbuch, Zwackelmann (Stefan Gohlke) ein Zauberer, der an seinem übergroßen Appetit auf Kartoffeln scheitert - und an der Fee Amaryllis (Linda-Moran Braun). Die ist natürlich wunderschön, aber Kasperl und Seppel vergessen bei aller Bewunderung nicht ihre Mission: die Rettung der Kaffeemühle. Und obwohl die Geschichte schon 40 Jahre alt ist, ist sie zeitlos, ein bisschen altmodisch, ein bisschen von heute - jedenfalls keine einzige Sekunde langweilig. Zumal die kleinen Zuschauer mit ihren Zurufen dafür sorgen, dass Kasperl und Seppel genau wissen, was sie zu tun haben: »Pass, auf, der Räuber!« oder »Nimm doch den Wunschring!« Ein Spaß nicht zuletzt auch für die »Großen«.
Es gibt Vorstellungen bis zum 29. Dezember; Infos an der Theaterkasse im Neuen Rathaus.

Artikel vom 13.11.2006