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»Die Unternehmen
benötigen Praktiker«

Seit einem Jahr gibt es das Projekt »Abitur - und wie weiter?«

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). 1150 Bielefelder Schülerinnen und Schüler haben sich bisher am Projekt »Abitur - und wie weiter?« beteiligt. »Ein Erfolgsmodell«, findet Dr. Guido Sandler von der »Bielefelder Initiative für Berufsausbildung«.

Mit Hilfe des Projekts sollen auch Alternativen zum Studium aufgezeigt werden. Eine, die mitgemacht hat, ist Sarah Bicker (20). Nach dem Abi an der Gesamtschule Stieghorst entschloss sie sich, eine Ausbildung zur Industriekauffrau bei den Stadtwerken Bielefeld zu absolvieren. »Für mich die richtige Wahl«, sagt sie. »Ich mag die Vielfalt.«
Im Projekt »Abitur - und wie weiter?« hat sie ihre persönlichen Schwächen und Stärken kennengelernt »Bei den jungen Leuten gibt es ein großes Unwissen darüber, was sie eigentlich können«, sagt Projektkoordinatorin Sabine Nathaus-Hünnemann vom »Gildenhaus«.
Die berufliche Weiterbildungseinrichtung führt das Projekt durch. In Kleingruppen werden die Schülerinnen und Schüler zusammengefasst, lernen in einem ersten Schritt, sich selbst einzuschätzen, formulieren anschließend ihre Wünsche für das Berufsleben.
Die Bielefelder Initiative für Berufsausbildung hatte das Projekt angestoßen, die Stadtwerke Bielefeld beteiligten sich an der Finanzierung. Stadtwerke-Chef Wolfgang Brinkmann sagte zu, sich auch im kommenden Jahr zu engagieren. »Nicht ganz uneigennützig«, wie Personalleiter Volker Wilder ergänzt. Im kaufmännischen Bereich des Unternehmens besitzen 60 Prozent der Auszubildenden das Abitur. Im gewerblich-technischen Bereich »könnte der Anteil noch größer sein.«
Eine Tendenz, die sich auch in anderen Unternehmen zeige, wie Gildenhaus-Geschäftsführer Helge Werner betont. Immerhin schließt inzwischen die Hälfte eines Jahrgangs seine Schullaufbahn mit der Hochschulreife ab.
»Nicht jedem liegt aber die Theorie«, sagt Yannic Schröder. Der 22-Jährige, der am Rudolf-Rempel-Berufskolleg die Hochschulreife erwarb, absolviert bei den Stadtwerken eine kombinierte Ausbildung. Einerseits lernt er die Arbeitsfelder des Industriekaufmanns kennen, andererseits absolviert er ein Bachelor-Studium an der Fachhochschule des Mittelstandes. Das bedeutet für ihn einerseits eine zusätzliche Belastung. Andererseits hat der junge Mann nach vier Jahren auch einen Hochschulabschluss in der Tasche.
»Die Unternehmen benötigen solche Praktiker«, meint Holger Hinz (Stadtwerke). Ihnen prophezeit der Personalexperte eine chancenreiche berufliche Zukunft, zumal in den kommenden Jahren mit zurückgehenden Schülerjahrgängen qualifizierte Stellenbewerber noch knapper werden.
Dr. Guido Sandler freut sich unterdessen, dass das neue Projekt gut angenommen wurde: »Eine sinnvolle Ergänzung für die von uns veranstaltete Berufsinformationsbörse.«

Artikel vom 10.11.2006