10.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Politik darf nicht
nur Pirouetten drehen«

Beratung um Technisches Rathaus bis Januar vertagt

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Die Entscheidung, nach welchem Modell - allein durch die Stadt, in öffentlich-privater-Partnerschaft oder als Kombination von BGW und Immobilienservicebetrieb (ISB) - wurde gestern bis zum Januar vertagt.

Die SPD spricht von einer Strategieentscheidung, die CDU möchte alle Modelle prüfen lassen, tendiert aber zum so genannten Public Private Partnership (PPP)-Modell, zu dem sich auch die Bürgergemeinschaft (BfB) bekennt. Die Grünen setzen sich für eine Eigenlösung mit dem städtischen Immobilienservicebetrieb (ISB) ein. Einig sind sich alle darin, dass das ehemalige Kreishaus zum »Technischen Rathaus« umgebaut wird, dass dort alle Mitarbeiter des Dezernates Bauen/Planen an einem Standort untergebracht werden können.
Gestern tagten in nicht öffentlicher Sitzung Hauptausschuss, Fachausschüsse und Bezirksvertretung Mitte. Mehrheitlich beschloss man, die Sitzung zunächst als erste Lesung zu betrachten. BfB-Vorsitzender Johannes Delius: »Wir wären abstimmungsbereit gewesen - für das PPP-Modell.« Er ist überzeugt davon, dass der ISB selbst nie so preiswert um- und anbauen könnte wie ein Privater. Zudem könnte ein privater Investor - die Stadt soll von ihm das Kreishaus zurückmieten, für das 25 Jahre Komplettservice garantiert werden müsste - auch örtliche Handwerksbetriebe problemlos mit einbinden. Delius: »Das ist der Stadt nicht möglich - sie muss jedes Gewerk europaweit ausschreiben.« Delius wünscht sich, die Stadt würde das Projekt »beherzter« angehen, aber: »Die allermeisten Politiker wollen Garantien, manchmal muss man auch etwas wagen.«
Die CDU, so Ralf Nettelstroth, habe noch Beratungsbedarf. Beim PPP-Modell lasse sich die Ausschreibung einfacher bewerkstelligen, Um- und Anbau wohl auch preisgünstiger realisieren. Zudem stehe die Stadt nicht unter dem Druck, unbedingt schnell das alte Anker-Gebäude an der Ravensberger Straße - dort sind mehrere Ämter, die ins Kreishaus ziehen sollen, untergebracht - verkaufen zu müssen, um das »Technische Rathaus« überhaupt finanzieren zu können. Nettelstroth erinnerte zudem an die Prognosen, dass die Stadt in 25 Jahren mit vermutlich weniger Einwohnern als heute weniger Aufgaben haben werde, dass der Bedarf an Büroflächen zurück gehen werde. Der CDU-Politiker: »Dann könnten wir ein angemietetes Technisches Rathaus problemlos räumen, die Verwaltung unter Umständen im Rathaus-Komplex konzentrieren.« Grundsätzlich mag Nettelstroth aber auch den SPD-Vorschlag, die BGW (Bielefelder Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft) als Projektsteuerer gemeinsam mit dem ISB mit dem »Technischen Rathaus« zu betrauen, nicht ausschließen.
Für die SPD, so Georg Fortmeier, sei es eine »Strategieentscheidung«. Die Frage, was sich am wirtschaftlichsten rechnet, müsse eindeutig beantwortet werden. Bei bestimmten Annahmen könne das PPP-Modell 20 Prozent günstiger sein, als wenn die Stadt selbst Bauherr wäre. Die Annahmen erscheinen Fortmeier aber »wage«: »Bei so vielen Unsicherheiten konnte noch nicht entscheiden werden.«
Einig ist man sich darüber, dass die Zeit drängt, man spätestens Anfang Januar eine Lösung auf »breiter Entscheidungsbasis« (Nettelstroth) finden will. Johannes Delius: »Die Politik darf nicht immer neue Pirouetten drehen.«
Derweil stoßen die Pläne, Bau und Unterhaltung des »Technischen Rathauses« unter Umständen an einen privaten Investor zu vergeben, bei der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) auf Kritik. Dort fürchtet man, so Vorsitzender Reinhard Wellenbrink. »Stellenabbau und 'Heuschrecken'.« Im ehemaligen Kreishaus an der August-Bebel-Straße besteht ein erheblicher Investitionsstau, allein der unnötig hohe Energieverbrauch, verursacht durch veraltete Heizanlagen und bauliche Mängel, verursache hohe Kosten, die technische Ausstattung für die alltägliche Arbeit sei unzureichend. Zudem soll ein Anbau auf dem heutigen Parkplatz errichtet werden. Trotzdem würden bei Verkauf des Anker-Gebäudes die Verwaltungsflächen von 26 000 auf 18 500 Quadratmeter reduziert. Im Sommer wurden von einer Investitionssumme von 24 Millionen Euro gesprochen. Jetzt soll die Verwaltung im Januar erneut berichten.

Artikel vom 10.11.2006