10.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Das FC-Aus für Latour
kam nachts um zwei

Köln plant den Coup: Trainer Daum soll zurückkehren

Köln (dpa). Der 1. FC Köln hat die Notbremse gezogen und Chefcoach Hanspeter Latour entlassen. »Wir müssen uns den Realitäten stellen und die Sache im Auge behalten. Und die Sache ist der FC und der Wiederaufstieg in die Bundesliga«, erklärte Kölns Manager Michael Meier gestern.
Bei der Suche nach einem Nachfolger für den Schweizer bahnt sich ein Überraschungscoup an. Stunden vor der Verkündigung der Trennung hatte Meier ein Gespräch mit Christoph Daum geführt, der nach einer Halsoperation in einem Kölner Krankenhaus behandelt wird. Daum war bereits von 1986 bis 1990 Trainer beim FC, hat aber nach Entlassung bei Bayer Leverkusen im Oktober 2000 wegen einer Kokain-Affäre nicht mehr in der Bundesliga gearbeitet.
»Ich habe ihm dargestellt, welche Möglichkeiten wir haben und ihm eine Bedenkzeit gegeben«, berichtete Meier von seinem Besuch bei Daum. Der 53-jährige Coach habe auf Grund der Operation aber kaum sprechen können. Für die Partie am Sonntag beim SC Freiburg suchen die »Geißböcke« nach einer Interimslösung. Denkbar wäre, dass Chefscout Stephan Engels, der 1995/96 kurze Zeit das Training übernommen hatte, und Vizepräsident Jürgen Glowacz auf der Bank sitzen.
Den Ausschlag für die Trennung von Latour, der am 3. Januar von Grasshoppers Zürich für Uwe Rapolder gekommen war, gaben die jüngsten Niederlagen beim TuS Koblenz (1:3) und gegen Erzgebirge Aue (0:1). »Die Ergebnisse haben uns rechts überholt«, sagte Meier zur Entscheidung, die am Ende einer Nacht- und Krisensitzung im Anschluss an das Aue-Spiel um 2.00 Uhr einstimmig gefällt wurde.
»Das schmerzt sehr. Denn ich bin überzeugt, dass wir das Schiff noch auf Kurs und die Kurve nach oben bekommen hätten«, sagte Latour. Nach sechs Pflichtpartien ohne Sieg und dem Abrutschen auf Tabellenrang acht akzeptierte er aber auch die Gesetze des Geschäfts. »Nach den letzten Auftritten habe ich Verständnis für die Entlassung durch den Vorstand und dem FC nichts vorzuwerfen«, sagte der 59-Jährige.
Latour sollte nach der erfolglosen Rapolder-Ära den FC wieder auf Erfolgskurs steuern. Er konnte den vierten Abstieg aber nicht verhindern. Nach Marcel Koller (2003/04) ist er der zweite Schweizer gewesen, der am Rhein tätig war. Insgesamt kamen und gingen beim 1. FC Köln in den vergangenen vier Jahren sechs Trainer.
Mit Fabrice Ehret, Bernt Haas, Aleksandar Mitreski, Kulaksizoglu Baykal, Ricardo Cabanas hatte Latour gleich fünf Spieler nach Köln geholt, die ihm von seinen Engagements in seiner Heimat bekannt waren. Die »Schweizer Connection« brachte aber nur mäßigen Erfolg. »Der Mannschaft war gegen Aue kein Vorwurf zu machen. Alle waren bemüht, aber gegen tiefstehende Mannschaften ist es nun mal schwer«, meinte FC-Torwart Stefan Wessels zur Blamage. Diese Entschuldigung wollte Meier nicht akzeptieren. »Die Leistung war unerklärlich«, kritisierte er. Aufgebracht und wütend waren die Fans. »Ihr macht den Verein kaputt«, sang ein Teil der Zuschauer.

Artikel vom 10.11.2006