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Schülerarbeiten stehen für
Beklemmung und Hoffnung

Gedenkveranstaltung an die Pogromnacht 1938


Von Michael Diekmann
und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Der Wind ist nasskalt. Er weht durch die Häuserschlucht der Turnerstraße. Auf dem nassen Asphalt reflektieren die Lichter der Großstadt und der vorbeifahrenden Autos. Die Menschen in der Gruppe vor dem Gedenkstein frösteln. Es ist der 9. November 2006. Gegen 17.30 Uhr liest Brigitte Decker aus dem Bericht einer Freundin. Sie wurde damals mit einem Kindertransport nach Dänemark gerettet. Ihre Familie starb in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten.
Das Schicksal einer jüdischen Familie in Bielefeld, der Eltern, Vettern, Cousinen macht die Zuhörer betroffen, sorgt für tiefe Betroffenheit, für Beklemmung - auch 68 Jahre nach der Pogromnacht damals 1938, als sich das jüdische Leben auch in Bielefeld einschneidend veränderte. In der Nacht des 10. November brannte die Synagoge in der Turnerstraße. An ihrem Gedenkstein versammelten sich gestern Abend die Menschen zur Einkehr und zum Gebet.
Nach dem Beitrag von Brigitte Decker und Bürgermeister Horst Grube sowie dem traditionellen Gebet »Kaddisch« für die umgekommenen Menschen dieses grausamen Kapitels deutscher Geschichte zog die Gruppe zum zweiten Teil der Gedenkveranstaltung in den großen Ratssaal. Hier wurden die Ereignisse des 9. November 1938 dargestellt, folgte eine Ansprache von Horst Grube, zeichneten Schüler von Ceciliengymnasium, Gymnasium Heepen und Friedrich-von Bodelschwingh-Schule Lebenswege und Erfahrungen jüdischer Kinder aus Bielefeld nach.
Im Foyer des Ratsaals präsentierte die Martin-Niemöller-Gesamtschule in einer Ausstellung »Erziehung nach Auschwitz« die Ergebnisse einer erarbeiteten Bibliographie, für die Bücher per Fernausleihe sogar aus München und Münster nach Bielefeld kamen. Die jetzt in Arbeit befindliche CD soll nach Auskunft von Fachlehrer Bernhard Ferié Schülern die Möglichkeit eröffnen, sich das Thema mit viel persönlichem Engagement selbst zu erarbeiten. Gezeigt wurden auch die Zeichnungen des Schülers Ugur Demiray. Sie entstanden nach einem Besuch des Lagers Sachsenhausen 2005, nachempfunden den kleinen Skizzen des russischen Plakatmalers Tolkatschew. Der hatte auf kleinen Zetteln des Oberkommandos seine Gedanken verarbeitet.

Artikel vom 10.11.2006