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Eltern müssen haften

Brand vor Weihnachten - Kind suchte mit Teelicht Geschenke

Von Jens Heinze
Bielefeld (WB). Erst brannte einen Tag vor Heiligabend ihre Wohnung aus, jetzt wurde die Bielefelder Familie Hedtke per Gerichtsurteil für den Schaden zur Kasse gebeten.

Ohne ihre private Haftpflichtversicherung hätten Mutter und Vater auf einen Schlag 11 763 Euro und 61 Cent aus eigener Tasche bezahlen müssen.
Es war eine Geschichte, die vor fast zwei Jahren ganz Bielefeld gerührt hatte. Der damals sieben Jahre alte Sohn Benjamin konnte die Vorfreude auf das bevorstehende Weihnachtsfest nicht mehr aushalten und war am Morgen des 23. Dezember 2004 im Schlafzimmer der Hedtkes auf Geschenkesuche gegangen. Das Fatale dabei: Mit einem brennenden Teelicht stöberte der Steppke im Kleiderschrank von Mutter Michaela (40) und Vater Reinhard (63) nach den versteckten Überraschungen vom Christkind. Die Kerzenflamme setzte Kartons und Mobiliar in Brand, das Feuer griff auf die ganze Wohnung im ersten Stock des Sechs-Parteien-Hauses in der Bielefelder Innenstadt über.
Die Hedtkes retteten sich nur mit dem, was sie am Leibe getragen hatten. Das Weihnachtsfest begann für alle drei im Krankenhaus, wohin Vater, Mutter und Sohn mit Verdacht auf Rauchvergiftung gebracht worden waren.
Nach zwei Monaten konnte Familie Hedtke zwar wieder in ihre frisch renovierte Wohnung einziehen, doch der Fall war für sie längst noch nicht ausgestanden. Die Gebäudeversicherung des Vermieters verlangte nach dem Brand 11 763,61 Euro Schadenersatz von der Küchenkraft und dem Frührentner. Begründung: Die Eltern hätten sich grob fahrlässig verhalten, als der Sohn mit brennendem Teelicht nach Geschenken suchte.
In erster Instanz wies das Amtsgericht Bielefeld die Klage der Gebäudeversicherung zwar ab, doch in zweiter Instanz vor der 21. Zivilkammer des Landgerichtes bekam die Assekuranz den geforderten Schadenersatz zugesprochen.
»Eltern haften für ihre Kinder«, befanden die Richter und warfen Vater und Mutter grobe Fahrlässigkeit vor, weil vor Brandausbruch ein Feuerzeug frei zugänglich für den Sohn auf dem Esstisch gelegen habe und sich die Teelichter gleich nebenan in einer Schublade eines Sideboardes befunden hatten.
»Das wird sich nicht wiederholen«, versicherte gestern Vater Reinhard Hedtke und dankte noch einmal seiner privaten Haftpflichtversicherung für deren Unterstützung. Diese habe beim Rechtsstreit nicht nur den Anwalt gestellt, sondern werde auch den Schadenersatz bezahlen.

Artikel vom 09.11.2006