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VW-Chef Pischetsrieder geht

Audi-Vorstand Martin Winterkorn wird Ende Dezember Nachfolger

Wolfsburg (Reuters). Der mitten in der Sanierung steckende Volkswagen-Konzern wechselt überraschend den Vorstandschef aus.

Bernd Pischetsrieder, dessen Vertrag an der Spitze von Europas größtem Autobauer im Frühsommer vorzeitig um fünf Jahre verlängert worden war, scheidet zum Jahresende aus. Als seinen Nachfolger habe das Präsidium des Aufsichtsrats Audi-Chef Martin Winterkorn bestimmt, teilte der Wolfsburger Konzern gestern Abend mit. Über Winterkorns Bestellung soll der Aufsichtsrat am 17. November entscheiden.
Aus Aufsichtsratskreisen hieß es, Pischetsrieder werde weiter bei dem Autobauer bleiben. »Wir haben intern miteinander besprochen, dass er für Spezialaufgaben zur Verfügung stehen wird«, sagte ein Aufsichtsratsmitglied. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wullf als Vertreter des zweitgrößten VW-Aktionärs forderte Kontinuität in der Firmenpolitik. »VW ist auf einem guten Weg, der konsequent weiter beschritten werden muss«, erklärte Wulff.
Der 58-jährige Pischetsrieder ist seit Juli 2000 Vorstandsmitglied und war bei VW zunächst für die Qualitätssicherung der spanischen Tochter Seat zuständig. Im April 2002 wurde der Zigarrenliebhaber zum Vorsitzenden des Vorstands berufen und löste den bisherigen Konzernchef Ferdinand Piech ab. Piech ist seither Vorsitzender des Aufsichtsrats. Zuvor hatte Pischetsrieder den Münchner Autokonzern BMW geleitet, wo er nach dem missglückten Engagement beim britischen Hersteller Rover ausgeschieden war. Volkswagen steckt in einer tiefgreifenden Sanierung und hat 20 000 Arbeitsplätze zur Disposition gestellt.
Der Konzern ist außerdem in einen Übernahmestreit um den schwedischen LKW-Hersteller Scania verwickelt, dessen Großaktionär VW ist. Zusammen mit dem Münchener Lkw-Bauer MAN soll ein Konzern entstehen, in den Volkswagen später sein eigenes Geschäft mit schweren Lastwagen einbringen will. Als treibende Kraft hinter dem Vorhaben gilt Aufsichtsratschef Piech.
Dessen Verhältnis zu Pischetsrieder gilt als angespannt. Piechs Äußerungen über Pischetsrieders angeblich auf der Kippe stehende Vertragsverlängerung hatten im Frühjahr hohe Wogen geschlagen. Bereits damals war spekuliert worden, Audi-Chef Winterkorn könne Pischetsrieder an der Konzernspitze beerben. Winterkorn gilt als enger Vertrauter Piechs, der selbst einmal Audi-Chef war.

Artikel vom 08.11.2006