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Baumängel lauern hinter der Fassade

Sennestadt GmbH investiert 2,8 Millionen Euro in die Sanierung des Sennestadthauses

Von Stefanie Westing
(Text und Fotos)
Sennestadt (WB). Die Sanierung des Sennestadthauses gestaltet sich schwieriger als angenommen. Seitdem Mitte September das Baugerüst auf der Seeseite aufgebaut wurde, gab es bereits einige unangenehme Überraschungen.

Bekanntlich wird die Fassade des wohl markantesten Sennestädter Gebäudes aus energetischen Gründen mit Glas verkleidet. 2,8 Millionen Euro hat Bernhard Neugebauer, Geschäftsführer der Sennestadt GmbH, dafür einkalkuliert. »Als wir das Gebäude von der Stadt übernommen haben, wurden deutlich geringere Sanierungskosten veranschlagt«, sagt Neugebauer. Doch mehr als 30 Jahre nach der Errichtungen fallen die Maßnahmen umfangreich aus - auch, weil hinter der Fassade der eine oder andere Baumangel lauerte.
»Normalerweise haben Balkone eine bestimmte statische Tragfähigkeit. Wir haben bei einer Materialprobe aber feststellen müssen, dass die Balkone hier nur als Gestaltungselement angebracht wurden und nicht die übliche Tragfähigkeit haben. Außerdem kam Rost dazu, der sich negativ auswirkte«, erklärt der Geschäftsführer der Sennestadt GmbH. Jetzt muss massiver - und teurer - Stahl zur statischen Unterstützung verwendet werden. Aus Brandschutzgründen muss dieser Stahl anschließend mit einem fünf Zentimeter dicken Schutzmantel umgeben werden - mehr als doppelt so viel wie ursprünglich geplant. »Wir können froh sein, dass in den vergangenen 30 Jahren nichts passiert ist, dass kein Balkon abgebrochen ist.«
Wenn die bisherigen Außenwände entfernt werden, bleiben die Heizungen zunächst bis zum Ende der Heizperiode frei im Raum stehen. Erst dann werden sie an die neue Außenwand versetzt. Apropos Heizung: Am Dienstag trat in der vierten Etage ein Heizungsrohrbruch auf. »Es gibt keine Absperrventile zwischen den Etagen, so dass wir das ganze Wasser aus den Etagen neun bis vier ablassen mussten - tausende Liter«, schildert Neugebauer eine weitere böse Überraschung. »Die Rohre wurden bis mittags verschweißt, wir fuhren das Wasser wieder hoch und stellten fest, dass das Rohrnetz durch die Erschütterung an anderer Stelle undicht geworden war.« Die Folge: Die Mieter - darunter städtische Einrichtungen, das Rote Kreuz, die psychiatrische Tagesklinik der von-Bodelschwinghschen-Anstalten - saßen den ganzen Tag im Kalten, denn ein so schlecht isoliertes Gebäude kühlt sehr schnell aus. Ähnliches erlebten die Beteiligten vor 14 Tagen schon einmal in der zweiten Etage. Neugebauer: »Damals haben wir mit dem Presslufthammer ein Loch ins Haus gebohrt, so dass wir das Wasser aus der Heizung in den Teich leiten konnten.« Ärgerlich vor allem deswegen, weil vor Beginn der Baumaßnahmen sogar eine chemische Analyse der Heizungsanlage stattgefunden hatte. »Wir haben untersuchen lassen, ob das Wasser Rostanteile aufwies. Aber es war alles in Ordnung«, sagt Neugebauer. Was die Analyse nicht zeigte: Der Rost hatte sich außen auf den Rohren festgesetzt.
Schwierigkeiten bereitet darüber hinaus auch die Tatsache, dass alle Kabelkanäle - ob EDV, Telefon oder Strom - entlang der Fensterbrüstungen verlaufen, diese nun aber abgebrochen und durch die neuen Glaselemente ersetzt werden. So müssen zunächst alle Kabel neu verlegt werden.
Die Arbeiten werden sich bis zum Sommer hinziehen. Bis Ende des Jahres soll die Fassade auf der Seeseite fertig sein. »Die Verträge sind so abgeschlossen, dass die Mehrwehrtsteuererhöhung auf der Seeseite nicht greift«, erläutert der Geschäftsführer der Sennestadt GmbH. »Bei den Summen, von denen wir reden, fallen die drei Prozent doch mächtig ins Gewicht.« Zu Ostern, so der Plan, soll die Frontfassade in neuem Glanz erstrahlen, alle weiteren Arbeiten bis zu den Sommerferien beendet werden. »Die Investition rechnet sich nicht wirklich. Wir gehen davon aus, dass die Heizkosten sich nach dem Umbau um 50 Prozent reduzieren werden, aber 2,8 Millionen Euro können wir so natürlich nicht einsparen«, betont Neugebauer, der »moderate Mieterhöhungen« ankündigt. Übrigens muss die Sennestadt GmbH einen neuen Mieter suchen. Sie selbst zieht ins bislang ungenutzte neunte Stockwerk, und die bisherigen Büroräume werden frei.

Artikel vom 09.11.2006