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Debora Bukatarevic, Amelie und Naomi (Kindermann-Kita) basteln.

Rabimmel, rabammel,
die Lampions gehen an

Schon heute findet der erste Laternenumzug statt

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). »In Bielefeld und Umgebung war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts das sogenannte Martin-Luther-Singen weit verbreitet.« So steht es in einer Information der evangelischen Kirche. Wieso: »war verbreitet«? Die Laternenumzüge gibt's doch heute noch!

An einem 10. November wurde der Reformator Martin Luther geboren (1483), und der Tag darauf ist dem heiligen Martin von Tours (316/17-397) geweiht. Der 11. November beendete früher das bäuerliche Jahr, und in den Spinnstuben wurde das Licht angezündet, wo es bis zum 2. Februar (Mariä Lichtmeß) abends brennt.
»Dort oben leuchten die Sterne,/ und unten, da leuchten wir«, singen die Kinder und hoffen, dass zwar ihr Licht aufbrennt, aber bloß ihre liebe Laterne nicht. »Liebe Laternen in Mondform sind bei uns schon seit zwei Wochen der Renner«, sagt Frank Becker, Inhaber von »Papier-Bröker« an der Brackweder Hauptstraße.
Drei bis fünf Euro kosten die farbenprächtigen Laternen, in deren nostalgischer Variante eine Kerze leuchtet. Seit aber High-Tech und kirchliches Brauchtum eine Vernunftehe eingegangen sind, gibt's bei »Bröker« auch Lichtaggregate mit Elektrostäben - Ersatzbatterien nicht vergessen!
Ganz früher wurden ausgehöhlte Ernteerzeugnisse beleuchtet, längst aber schlenkern die Kinder leichte Lampions aus Papier. Die stammen original aus China, sage also keiner, der Martinstag sei nicht multikulti. Selbstverständlich kann man die Latüchten selbst basteln, und zwar die allerallerschönsten: Die notwendigen Einzelteile, von den tragenden Pappen, über die Drahtbügel und Haltestäbe bis zu Transparentpapier in allen Farben hat Frank Becker ebenfalls vorrätig.
In den Marktkauf-SB-Warenhäusern gehören fertige Lampions und Bastelzubehör sogar ganzjährig zum Sortiment. »Diese Artikel werden nämlich auch bei anderen Gelegenheiten eingesetzt, zu Silvester, Halloween und Nikolaus - und bei privaten Festen«, berichtet Pressesprecherin Andrea Ebert. »Der Renner sind Metallstäbe mit einer Glühbirne am Ende, über die der Lampion gezogen wird - da kann nichts anbrennen.«
Weil am Martinstag der Abschluss des Erntejahres gefeiert wurde, durften die Armen auf einige Krümel von reich gedeckten Tischen hoffen. Daraus wohl entwickelten sich die Heischumzüge der Kinder: »Merten, Merten, Merten issen gueden Mann,/der ons gut jet geven kann,/de Äppel on de Bieren,/de Nüete jon no met./ De Fru de loppt de Trappe rup/on bringt en Schuet (Schürze) voll midderraff./Oh wat en guede Fru is dat/Merten rut, Merten rut, Merten rut!« Wenn aber die Haustür trotz vieler schöner Lieder verschlossen bleibt, skandiert man eben: »Do droben an dem Himmel,/do steht en wieten Schimmel/on drop steht jeschrieven:/ Gitzhals, Gitzhals, Gitzhals!«
Bielefelds erster Laternenumzug findet bereits heute statt, und zwar um 17 Uhr. Treffpunkt ist die Altstädter Nicolaikirche; Veranstalter sind »Stadtkirchenarbeit«, Kaufmannnschaft Altstadt, Theater und Welthaus. Zum großen Umzug mit Martinsspiel laden Kindertagesstätte und Hort St. Franziskus an diesem Freitag, 17 Uhr, auf den Klosterplatz ein.
Bitte, gehen Sie aber, rabimmel, rabammel, rabum, mit Ihren Kleinen nicht zu weit hinaus - wenn Sie eine rote Laterne sehen, haben Sie sich nach Niedersachsen verirrt. Dort, bei Hannover 96, leuchtet sie, die rote Laterne des Bundesligaschlusslichts, aber das ist nun wieder eine ganz andere Geschichte . . .

Artikel vom 08.11.2006