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Kinderarbeit - verboten,
aber unter Teens beliebt

Die Hälfte aller Elf- bis 14-Jährigen verdient sich was

ZDF, 22.15 Uhr: Schon allein die Frage, ob an Kinderarbeit auch etwas Gutes sein könnte, ist »politisch nicht korrekt«. Und doch gibt es nicht nur im fernen Ausland 11- bis 14-Jährige, die gegen Bezahlung arbeiten - und das sogar gern.

Aus einer ungewöhnlichen Perspektive greift die ZDF-Reihe »37 Grad« das Thema Kinderarbeit auf: »Bin 10, suche Arbeit« heißt die Reportage, in der Alexandra (12), Frauke (12), Aida (10) und Florian (11) zu Wort kommen. Sie alle wollen nachmittags arbeiten - und dafür auch Geld bekommen.
Während Alexandra, Frauke und Florian tatsächlich immer wieder Beschäftigungen finden, sucht die kleine Aida bislang vergeblich nach einem Job. Niemand will sie einstellen, auch weil Arbeitgeber fürchten, sich strafbar zu machen. Aida ist traurig, denn beim Spielen kriegt sie »gar nichts mit von der Welt«, wie sie findet.
Frauke geht zum Beispiel kellnern, Florian hilft nachmittags auf einem benachbarten Bauernhof aus, während Alexandra sich gern um alte, kranke Leute kümmert. Frauke fällt das Lernen im Gymnasium leicht, nachmittags nimmt sie auch noch Ballettunterricht. Auch im Haushalt hilft sie. Ihre Eltern verdienen gut, so dass sie eigentlich nicht noch zusätzliches Geld verdienen müsste. Doch erst wenn sie für eine Arbeit auch Geld bekommt, fühlt sie sich wie in »der richtigen Welt«. Geld bedeutet für sie auch Anerkennung.
Alexandra kauft am Nachmittag für alte Leute ein, führt deren Hunde aus, räumt ihre Wohnungen auf. Sie freut sich, dass sie etwas Sinnvolles tut und anderen Menschen helfen kann. Aber auch das Geld ist ihr wichtig. Es zeigt ihr, dass, ihr Tun anderen etwas wert ist. Ihre Mutter verdient als Altenpflegerin 1100 Euro, von denen allein 650 für die Miete weggehen. Aber Alexandra möchte schön aussehen und wie ihre Klassenkameradinnen modisch gekleidet sein. Deswegen kauft sie sich ihre Kleidung selbst.
Obwohl die Kinderarbeit gegen Geld in Deutschland abgeschafft, ja bis zum Alter von 15 Jahren verboten ist, haben die Hälfte aller Kinder zwischen elf und 14 laut Filmemacherin Silvia Kaiser einen kleinen Job, tragen Zeitungen aus, kellnern, geben Nachhilfe, putzen, betreuen Babys, gehen einkaufen für Alte und Kranke, helfen an Tankstellen oder auf dem Bau. Und noch viel mehr, fast 90 Prozent, würden es gern tun.
In der Sendung wird die Frage aufgeworfen, ob das generelle Verbot von Kinderarbeit in Deutschland aufgehoben werden sollte. Der Kindersoziologe Manfred Liebel von der Berliner TU ist dafür. Er hat mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft empirische Studien betrieben und kennt auch die internationalen Aspekte. Der frühere Bundesminister Norbert Blüm ist strikt dagegen: Er befürchtet Ausbeutung, sobald es um Geld geht.

Artikel vom 07.11.2006