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Einsatz fürs Mauseloch

Annette von Droste Hülshoff: Museum droht Verkauf

Von Dietmar Kemper
Münster (WB). Die Wirtschaftsberatungsgesellschaft »Rödl & Partner« hat der Stadt Münster empfohlen, das Rüschhaus zu verkaufen. In dem heutigen Museum hatte Westfalens Heimatdichterin Annette von Droste Hülshoff die »Judenbuche« (1842) geschrieben.

Das Rüschhaus sei ein »lieber heimlicher Ort, klein wie ein Mauseloch«, würdigte die Schriftstellerin (1797 bis 1848) ihren Lebenssitz. Im vergangenen Jahr schauten sich 10 806 Besucher das Gebäude an, in dem bleibende Literatur entstand, und gewannen einen Einblick in die Lebensumstände um 1800. Weil Münster mit 700 Millionen Euro verschuldet sei, »muss die Stadt sparen«, sagte gestern deren Sprecher Joachim Schiek. Deshalb sei der Vorschlag von »Rödl & Partner« zur Kostensenkung in eine Beschlussvorlage für den Rat aufgenommen worden. Bei den Haushaltsberatungen werde bis zum Frühjahr entschieden.
Stimmt der Rat für den Verkauf, würde die Stadt nach Schieks Worten von 2010 an Kosten von 69 900 Euro für Personal und Unterhaltung sparen. Das Rüschhaus gehört halb der Stadt und halb dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Die Annette-von-Droste-Gesellschaft fragt sich, »wie man den Verkauf überhaupt nur in Betracht ziehen kann«. Vorstandsmitglied Cornelia Blasberg, Literaturwissenschaftlerin an der Universität Münster: »Die barocken Bauwerke von Johann Conrad Schlaun und die Dichterin Annette von Droste Hülshoff sind Münsters einzige kulturellen Aushängeschilder.« Um gegen die Pläne zu demonstrieren, organisierte die Gesellschaft am vorletzten Wochenende im Rüschhaus eine »kulturelle Hausbesetzung« und wandte sich »an alle Münsteraner und Freunde der Literatur«.
Die »literarisch wertvolle Örtlichkeit« dürfe nicht geschlossen werden, warnt der Verband deutscher Schriftsteller (VS) vor dem kulturellen Ausverkauf. Rückendeckung erhält die Droste-Gesellschaft auch aus Herford. »Das Rüschhaus ist fester Bestandteil der Biografie von Annette von Droste Hülshoff«, sagte die Vorsitzende des Herforder Kunstvereins, Lore Blanke. Der Verein hat ein ähnliches Problem wie die Droste-Gesellschaft: Wegen Sanierungskosten von mehr als einer Million Euro würde die Stadt Herford das Daniel-Pöppelmann-Haus und die angeschlossene Schönfeldsche Villa am liebsten verkaufen. Blanke: »Der Verein sieht im Pöppelmann-Haus seine Heimat, wir zeigen hier Ausstellungen und setzen uns für den Erhalt ein.« S.4: Kommentar

Artikel vom 07.11.2006