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Die Töne sind
wieder titelreif

Bayern attackiert Konkurrent Bremen

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). Wehe, wenn dieser Mann wütend wird. Der Kopf von Uli Hoeneß färbte sich so knallrot wie der Bayern-Schal, der um seinen Hals baumelte. Dann fuhr er den DSF-Reporter Jörg Dahlmann an: »Ich kann diesen Schmarrn nicht mehr hören.«

»Abteilung Attacke«, hier ist der Manager seit Jahren zuständig. Und nach dem 2:2 beim FC Schalke 04, da war es es wieder mal so weit. Da lief er zu meisterlicher Hochform auf. Hoeneß holte aus. Hoeneß teilte aus. Hoeneß keilte aus. »Was wollt ihr denn eigentlich? Die Fragen gehen mir langsam auf die Nerven. Sicher, die Bremer spielen vielleicht den schöneren Fußball. Aber ich sage nur: Der Nikolaus war noch nie der Osterhase.« Dieser festlichen Anspielung folgte der Nachsatz: »Und am Ende heißt der Meister sowieso wieder FC Bayern.«
Im Klartext: Sollen diese Bremer sich doch ruhig da oben feiern lassen, nach der Saison jubeln nur noch die Bayern. Hoeneß blickte auf die Liga-Tabelle: »Wir haben erst elf Runden absolviert. Wir sprechen uns nach 34 Spieltagen wieder, meine Herren.«
Doch halt, das war nicht alles. Eine weitere Spitze musste der Manager unbedingt noch los werden: »Der große Verlierer dieses Wochenende heißt eindeutig Werder Bremen.« Seine Bayern hatten zwar in der Gelsenkirchener Arena beim siebten Versuch wieder nicht gewonnen, aber Hoeneß fühlte sich trotzdem als der Gewinner. Treffer! Die Werder-Jagd ist endgültig eröffnet. Zwar noch nicht mit den ganz großen Taten, dafür aber mit lauten Tönen.
Denn auch Torwart Oliver Kahn, der vor zwei Wochen nach dem 1:3 im Weserstadion verbittert geschwiegen hatte, er machte jetzt den Mund wieder ganz weit auf: »Mich fröstelt, wenn ich immer dieses Negativgerede höre.« Dabei hätten seine Bayern überhaupt keinen Anlass, vor dem Spitzenreiter zu zittern: »Wir sind in der Champions League für das Achtelfinale qualifiziert, wir sind im DFB-Pokal weiter dabei - und wir werden wieder Meister. Welche andere deutsche Mannschaft kann da schon mithalten?«
Natürlich kein Konkurrent. Den Tanz auf drei Hochzeiten dürfen die Bayern vorerst allein weiter auf das Rasen-Parkett legen. Und Kahn kann nur den Kopf schütteln, wenn er Kritik am bisherigen Abschneiden des Titelverteidigers registriert: »An uns wird immer rumgemeckert. Sind wir vorne, ist es langweilig. Sind wir nicht Erster, haben wir gleich eine Krise.«
Probleme räumte jedoch auch die Nummer 1 ein. Denn warum die Bayern, die aus dem 0:2 gegen Schalke ein 2:2 machten und danach als klar bessere Mannschaft nicht konsequenter auf Sieg spielten, bemängelte selbst Kahn: »Vielleicht hat da die allerletzte Überzeugung gefehlt. Es stimmt: Wir hätten gewinnen müssen.«
Doch der Trainer war mit dem Punkt einverstanden. Und Felix Magath sang dann sofort ganz laut mit im Kicker-Chor der Bayern, der sich wie abgestimmt und einstudiert anhörte: Wer ist schon Werder? Wir sind die Besten.
Auf die Frage, wann München denn wieder vor Werder Bremen stehen würde, antwortete Magath lächelnd: »Ich glaube, das schaffen wir noch im November.«
Mit einer Mischung aus Stolz und Arroganz redete sich das Meister-Ensemble selbst stark. Und niemand war gewillt, lange darüber zu diskutieren, warum sie in der ersten halben Stunde gegen Schalke - wie schon in Bremen - so schwach gespielt hatten.

Artikel vom 07.11.2006