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Saddam soll hängen

Sondertribunal in Bagdad verurteilt irakischen Ex-Diktator

Bagdad/Kairo (dpa). Der irakische Ex-Präsident Saddam Hussein ist dreieinhalb Jahre nach seinem Sturz zum Tode durch den Strang verurteilt worden.

Das Sondertribunal für die Verbrechen des alten Regimes in Bagdad ordnete gestern außerdem die Hinrichtung seines Halbbruders Barsan al-Tikriti und des ehemaligen Richters Awad al-Bandar an. Nach Angaben aus Justizkreisen werden alle Verurteilten Berufung gegen die Urteile einlegen, die mit »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« begründet wurden.
Beobachter in Bagdad halten es jedoch für wenig wahrscheinlich, dass die Richter der Revision stattgeben und einen neuen Prozess anordnen. In diesem Falle müssten Saddam, sein Halbbruder Al-Tikriti und Richter Al-Bandar spätestens 30 Tage, nachdem die Urteile rechtskräftig geworden sind, hingerichtet werden.
US-Präsident George W. Busch sprach von einem »Meilenstein« für die junge irakische Demokratie. Außenministerin Condoleezza Rice sprach von einem »Triumph über die Herrschaft der Angst«. Die britische Außenministerin Margaret Beckett sagte: »Ich begrüße, dass Saddam Hussein und die anderen Angeklagten für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wurden.« Italiens Ministerpräsident Romano Prodi kritisierte dagegen die Urteile: »So grausam ein Verbrechen auch ist, so wendet sich doch unsere Tradition und unsere Ethik vom Gedanken der Todesstrafe ab.« Kritik äußerten dagegen Amnesty International sowie der Vatikan. Die EU nahm das Urteil »zur Kenntnis«.
In Bagdad waren Freudenschüsse zu hören. Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki nannte das Urteil eine »Lektion für alle Verbrecher und Terroristen«. Er sei sehr erstaunt gewesen, dass er von mehreren Staaten aufgefordert worden sei, Saddam freizulassen, erklärte Al-Maliki.
In Saddams Heimatstadt Tikrit demonstrierten trotz Ausgangssperre Hunderte seiner Anhänger gegen das Todesurteil. Bei einem Mörserangriff auf Wohnhäuser in dem vorwiegend von Sunniten bewohnten Bagdader Stadtteil Adhamija starben mindestens 20 Menschen.
In dem ersten Prozess gegen Saddam und sieben Ex-Funktionäre seines Regimes ging es um den Tod von 148 angeblichen Verschwörern. Diese waren 1982 in der schiitischen Kleinstadt Dudschail nach einem fehlgeschlagenen Attentat auf Saddam hingerichtet worden. Gegen Saddam läuft noch ein zweiter Prozess wegen Völkermordes an den Kurden. Es ist jedoch noch unklar, ob dieses Verfahren, vor einer Hinrichtung Saddams noch beendet werden kann.
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Artikel vom 06.11.2006