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Kein Beinbruch: Selbst diese »Verletzung« wurde schnell und sicher versorgt.

Auch im Tunnel sind
die Bielefelder sicher

Stadtbahn-Übung: »Sparren-Express« stand in Flammen

Von Uwe Koch
und Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). Ein Brand in der Vergnügungsbahn »Sparren-Express« sorgte in der Nacht zum Sonnabend für den Ausnahmezustand. Mehr als 300 Kräfte der Feuerwehr, der Rettungsdienste und der Polizei probten mit diesem »größten anzunehmenden Unfall« (GAU) ihre Zusammenarbeit.

Eigentlich darf es diese Situation gar nicht geben: Eine Stadtbahn gerät in einer der Tunnelröhren in Brand. Die Tram stoppt, weil der Fahrer den Zug nicht mehr steuern kann. »Im Normalfall sollen die Fahrzeugführer die Bahnen bis zur nächsten Haltestelle steuern«, erklärte moBiel-Sprecherin Birgit Jahnke.
Daß der »Sparren-Express« ausgerechnet im Tunnel der Linie 4 und obendrein exakt zwischen den Haltestellen Siegfriedplatz und Hauptbahnhof liegen blieb, hatte sich die Feuerwehr-Kommandozentrale berechnend ausgedacht: Das Szenario sollte an dem unzugänglichen Ort geprobt werden, um logistische und organisatorische Schwachstellen zu erkennen sowie die Grenzen der Kommunikation auszuloten.
Punkt 2.00 Uhr nachts wurde es auf der Bushaltestelle des Bahnhofsvorplatzes noch lebendiger als sonst, bekamen Taxifahrer und Nachtschwärmer ein Schauspiel, das manche veranlaßte, nach dem Ernst der Lage zu fragen. Während im »Sparren-Express« unter der Erde 32 Passagiere nach einem durch bengalisches Feuer entfachten Brand in der Falle saßen, liefen oberirdisch in routinierter Ruhe die Hilfsmaßnahmen ab. Dabei ging es um »eine Übung ohne Sonderrechte«, sagte Feuerwehrsprecher Ulrich Dreiwes. Die Anfahrtzeiten seien bekannt, also waren Sirenen und Blaulicht entbehrlich. Unter den Augen zahlreicher Beobachter auch anderer Behörden rückten die Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr über die Haltestelle Hauptbahnhof und über den Tunnelnotausstieg an der Meller Straße zum Erstangriff an. Mit schwerem Atemschutzgerät (Einsatzdauer bis zu 90 Minuten) rückten die Helfer in den Tunnel vor. Dabei mußte das Material auf Loren zu Fuß in den Tunnel geschoben werden.
Die »Rauchentwicklung« hatte den Verletzten, die von Mitgliedern der Jugendfeuerwehr plastisch hervorragend gemimt wurden, übel zugesetzt. 32 Opfer, darunter vier Puppen, wurden unter Aufbietung aller Kräfte in die kalte Novembernacht hinaustransportiert. Erstmals wurden die neuen Verletztenanhängekarten für Massenanfälle benutzt.
Am Bahnhof und an der Jöllenbecker Straße versorgte schließlich die Schnelleinsatzgruppe (SEG) notfallmedizinisch die »Verletzten«. Das Fazit von Brandamtsrat Rainer Kleibrink war Sonnabend um 5.00 Uhr durchaus positiv: »Es hat alles bestens geklappt. Kleinigkeiten im Funkverkehr müssen noch behoben werden.«
Die Bielefelder sind also auch im Ernstfall in der Tunnelröhre sicher. Lediglich eine Puppe, die vom Leitenden Notarzt Thomas Blaschy für tot erklärt wurde, war auf der Strecke geblieben. Diesem Opfer konnte auch Feuerwehrpfarrer Hermann Rottmann nicht mehr helfen.

Artikel vom 06.11.2006