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Wollen Zugang zu einem Tabuthema schaffen: Mehdi Salehi, Faraj Remmo, Gundula Kayser, Andrea Herold, Britta Haßelmann, Pit Clausen und Sibylle Prinz (v.l.).

Kultur als Katalysator, mit
einem Tabu zu brechen

Filmfestival zum Thema »Psychische Erkrankungen«


Bielefeld (uj). Wenn es um seelische Gesundheit geht, dann bewegen wir uns, so scheint es, im Mittelalter. Von Vorurteilen belastet, kommt das Etikett »Psychisch krank« noch immer einem Stigma gleich. Um so bemerkenswerter ist in diesem Zusammenhang ein Filmfestival einzuordnen, das sich ausnahmslos dem Ausnahmezustand widmet. Der Verein für Psychiatrieerfahrene zeigt in Kooperation mit dem Filmkunsttheater Kamera von Donnerstag, 9. November, bis Mittwoch, 15. November, sieben künstlerisch anspruchsvolle Dokumentarfilme, in deren Mittelpunkt Menschen mit unterschiedlichen psychischen Erkrankungen stehen.
»Wir hoffen, über ein Kulturprogramm eine breite Öffentlichkeit zu erreichen, um aufzuklären, Vorteile abzubauen und Verständnis zu schaffen«, sagt Sibylle Prinz. Die Vorsitzende des Vereins für Psychiatrieerfahrene hat sich dafür eingesetzt, dass das bundesweite Festival auch in Bielefeld Station macht und dafür engagierte sowie prominente Mitstreiter gefunden.
So haben die Bundestagsabgeordnete Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen) und der SPD-Politiker und Richter Pit Clausen die Schirmherrschaft übernommen. »Jeder dritte Europäer erkrankt im Laufe seines Lebens an einer psychischen Störung. Trotzdem wird das Thema tabuisiert. Betroffene erleben zusätzlich zu ihrer Krankheit eine gesellschaftliche Diskriminierung«, sagt Haßelmann. »Deshalb ist es so wichtig, für Verständnis und Toleranz zu werben. Jeder der so genannten Normalen sollte sich klarmachen, dass ihn ebenfalls eine psychische Krankheit ereilen kann«, betont Clausen.
Mit ins Boot des Filmfestivals sind auch der ASTA der Universität Bielefeld sowie das Referat für Studierende mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen (RSB) gestiegen. Sie zeichnen für ein Rahmenprogramm verantwortlich, das mit einer Ausstellung von Künstlern mit Psychiatrieerfahrung beginnt (9. November, 12 Uhr, Unihalle) und das Fachvorträge und Lesungen zum Thema enthält. Das ausführliche Programm zu Filmen und Rahmenveranstaltungen liegt von sofort an in der Kamera, Feilenstraße, aus. Weitere Informationen unter www.ausnahmezustand-filmfest.de.

Artikel vom 04.11.2006