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Die Chance: der (z)weite Weg zur Ausbildung

Einstiegsqualifizierung für Jugendliche kann Brücke in den Traumberuf sein - IHK vermittelte 450 Plätze

Von Marco Fenske
Rheda-Wiedenbrück (WB). Marina Rabe gerät sofort ins Schwärmen, wenn sie von ihrer Arbeit spricht. Die 19-Jährige hat vor drei Monaten bei der LBS eine Berufsausbildung zur Bürokauffrau begonnen. Und sich damit nach langer Suche und vielen Rückschlägen ihren Traum verwirklicht.

»Ich habe während und nach meiner Schulzeit weit über 100 Bewerbungen geschrieben«, sagt Martina Rabe. Allesamt ohne Erfolg - kein Unternehmen in OWL konnte oder wollte ihr eine Ausbildungsstelle anbieten, trotz großer Bemühungen, dem erfolgreichen Abschluss der Höheren Handelsschule und eines zusätzlichen Berufsvorbereitungsjahres.
Entmutigen ließ sich die gebürtige Steinhagenerin dennoch nicht und fand ihr Glück in der »EQJ«. Was zunächst nach einer technischen Abkürzung klingt, kann für junge Leute vermehrt der Schlüssel zum Ausbildungsplatz sein.
»EQJ« ist die Abkürzung für das Programm »Einstiegsqualifizierung für Jugendliche«. Dabei abslovieren Ausbildungssuchende ein längeres, von der Agentur für Arbeit gefördertes, Praktikum, um sich dadurch besser für eine Ausbildung qualifizieren und empfehlen zu können. »Auf diese Weise können beide Seiten feststellen, ob man auch wirklich zueinander passt«, sagt Swen Binner, Geschäftsführer Berufliche Bildung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bielefeld.
So wie im Fall Martina Rabe. Sie überzeugte LBS-Gebietsleiter Ralf Peitzmeier erst von der Absolvierung eines achtmonatigen Praktikums, um die Kollegen und den Gebietsleiter dann in dieser Zeit auf ihre Fähigkeiten aufmerksam zu machen.
Nach der Einstiegsqualifizierung wurde sie in ein festes, dreijähriges Ausbildungsverhältnis übernommen. »Frau Rabe hat mich durch ihre große Eigeninitiative beeindruckt«, sagt Ralf Peitzmeier. Die Entscheidung, ihr eine Chance zu geben und später einen Ausbildungsplatz anzubieten, habe er keine Sekunde bereut.
Das ist kein Einzelfall. IHK-Geschäftsführer Swen Binner weist auf die großen Chancen hin, die die Einstiegsqualifizierungspraktika den Jugendlichen bieten. »Diese Maßnahmen sind mit dem Pakt für Ausbildung im Jahre 2004 eingeführt worden und haben sich außerordentlich bewährt.« 60 Prozent der Praktikanten seien später in eine duale Ausbildung übernommen worden.
Doch besteht durch das »EQJ-Programm« nicht gleichzeitig die große Gefahr, dass Betriebe vermehrt Praktikanten als billige Arbeitskräfte einstellen und gleichzeitig Ausbildungsplätze streichen? »Genau das Gegenteil ist der Fall. Es sind sogar mehr Ausbildungsplätze geschaffen worden, insbesondere im Handel und Gastgewerbe«, sagt Binner und beschreibt diese Tatsache als »Phänomen«.
Für dieses Jahr konnte die IHK Bielefeld etwa 450 EQJ-Plätze akquirieren, die derzeit in gemeinsamen Nachvermittlungsaktionen allen unversorgten Jugendlichen angeboten werden. Binner rät den Jugendlichen dazu, diese Chance mit Blick auf eine sich eventuell anschließende Ausbildungsstelle anzunehmen.
Martina Rabe hat bewiesen, dass das Prinzip »Wo ein Wille, da ein Weg« trotz der Ausbildungsmisere für junge Lehrstellensuchende keine leere Phrase bleiben muss. Ihr Start in die Ausbildung ist dafür der beste Beweis.

Artikel vom 04.11.2006