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Gartenabfall
zerstört Wald

Förster drohen harte Strafen an

Von Dietmar Kemper
Paderborn/Minden (WB). Wer seine Gartenabfälle im Wald entsorgt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einem Bußgeld von bis zu 10 000 Euro rechnen. Angesichts wachsender Berge aus Rasen und Gehölzschnitt warnen Förster in Ostwestfalen-Lippe vor einer »Zerstörung des Ökosystems Wald«.
Die Heidenelken brauchen einen nährstoffarmen Boden. Foto: Peter Rüther
Viele Menschen glaubten, ihre Gartenabfälle würden dem Wald nicht schaden, beklagt der Förster beim Forstamt Minden, Ralf Seipp: »Diese Annahme ist aber falsch. Rasenschnitt bildet eine undurchlüftete, stinkende Lage. Deren Verrottung dauert sehr lange.« Auf den betroffenen Flächen werde die natürliche Vegetation zerstört. Indem Pflanzen aus dem Garten eingeschleppt werden, komme es zu einer »Verfälschung des Arteninventars im Wald«, betonte Seipps Kollege im Forstamt Paderborn, Jan Preller. Er wird misstrauisch, wenn er plötzlich Schneeglöcklichen am Waldrand erblickt. Egal ob Eiben, Kirschlorbeer, Rasenschnitt oder Topfgeranien: Abfall dieser Art gehöre nicht in den Wald.
Bußgelder müssten sein, um Auswüchse zu verhindern. Preller: »Wenn sich eine wilde Müllkippe erst einmal etabliert hat, wird sie regelmäßig angesteuert.« Durch Gartenabfälle komme es zur Nährstoffanreicherung an Stellen, wo dies nicht wünschenswert sei, erklärte der Leiter der Biologischen Station Senne in Hövelhof-Riege, Peter Rüther. So bräuchten die Heidenelke und das Silbergras einen nährstoffarmen Boden. »Gartenabfall stört das natürliche ökologische Gleichgewicht«, sagte Rüther dieser Zeitung.
Brennnesseln und Giersch etwa nehmen die Nährstoffe schneller auf, überwuchern die angestammten Arten im verschmutzten Gebiet und rauben ihnen Licht. Im Endeffekt verdrängen die unerwünschten Pflanzenarten die alteingesessenen. Darunter leiden Insekten, die auf diese Pflanzen in ihrer Nahrungskette angewiesen sind. Nicht nur die Förster, auch die Waldbesitzer ärgert die zunehmende Entsorgung von Gartenabfällen. 70 Prozent der Waldflächen in Ostwestfalen-Lippe gehören Privatleuten. »Sie dulden den Erholungsverkehr, aber sie müssen nicht dulden, dass bei ihnen Müll abgelagert wird«, betont Jan Preller. Wenn der Übeltäter nicht erwischt werde, blieben die Kosten für die Entsorgung an den Waldbesitzern hängen. Allerdings gebe es auch unter ihnen schwarze Schafe, bedauert Ralf Seipp aus Minden: »Die Eigenschaft als Waldbesitzer ändert nichts an der Gesetzeslage. Das Entsorgen der Gartenabfälle im eigenen Wald ist ebenso verboten.«
Gartenabfälle im Wald sind laut Abfallrecht Müll. Wer sie ins Unterholz kippt, erfüllt den Tatbestand der unberechtigten Ablagerung und begeht nach dem Landesforstgesetz Nordrhein-Westfalen eine Ordnungswidrigkeit. Wer erwischt wird, bekommt in der Regel ein Bußgeld von 100 Euro aufgebrummt, in schweren Fällen wird es viel teurer. Zudem muss der Sünder die Kosten für das Entfernen des Mülls aufbringen. Die Förster fordern Spaziergänger zu Wachsamkeit auf: Wer jemanden ertappt, sollte Ort, Zeit und Autokennzeichen den Forstämtern melden.

Artikel vom 06.11.2006