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Anleger vermisst 200 000 Euro auf Sparkonto

Bank zahlt aufgrund zweifelhafter Anweisungen aus - Geld bis heute verschwunden

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Die Deutsche Bank muss einem Kunden 170 000 Euro Schadenersatz zahlen.

Der Paderborner Rechtsanwalt Rüdiger Völkel erstritt diese Summe in einem Vergleich vor dem Landgericht Frankfurt, nachdem vom Konto seines Mandanten auf rätselhafte Weise hohe Beträge verschwunden waren.
Joseph L. ist israelischer Staatsbürger und war Generaldirektor eines großen Unternehmens in Russland. Einen Großteil seiner Ersparnisse legte er schon vor Jahren als Festgeld in US-Dollar bei dem deutschen Renommierinstitut an. Automatisch wurde die Anlage jeden Monat verlängert, bis die Bank 2002 den Vertrag unerwartet kündigte. Joseph L. forderte daraufhin sämtliche Kontobelege und Unterlagen an. Bei genauem Nachrechnen stellte er fest, dass sich sein Geld inzwischen eigentlich auf 1,2 Millionen Dollar vermehrt haben müsste. Tatsächlich hatte sich die Anlagesumme allerdings um knapp 200 000 reduziert.
Es stellte sich heraus, dass die Deutsche Bank auf schriftliche Anweisungen ganz erhebliche Auszahlungen vom Konto des Kunden vorgenommen hatte. »Die Unterschrift auf den Überweisungs- und Anzahlungsanweisungen war jedoch eindeutig gefälscht«, sagt Rechtsanwalt Völkel. »Nach gängiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss die Bank in solchen Fällen für die Verluste haften.« Was die Deutsche Bank aber verweigerte. Sie meinte, der Kläger hätte seine Kontoauszüge regelmäßig kontrollieren müssen, dann wäre der Schaden geringer gewesen.
Sein Mandant habe in all den Jahren überhaupt keine Auszüge erhalten, widersprach der Anwalt. Bei der Kontoeröffnung sei ein Dolmetscher zugegen gewesen, weil Joseph L. überhaupt kein Deutsch könne. Völkel: »Da der Bankangestellte darauf bestand, dass eine Adresse in Deutschland angegeben werden müsse, obwohl mein Mandant nur Wohnsitze in Russland und Israel hatte, wurde die Anschrift des Dolmetschers eingetragen. Sie sollte als Zustelladresse für Bankbelege dienen.«
Zudem, so argumentierte Völkel, habe das Geldinstitut nahezu sämtliche Sicherheitsvorkehrungen außer Acht gelassen. »Faktisch wurden hohe Barauszahlungen aufgrund einfachster handschriftlicher Schreiben oder Faxe vorgenommen und Überweisungen ohne Überweisungsträger auf fremde Konten veranlasst.« Außerdem habe die Bank Umtausche von US-Dollar in Euro vorgenommen - »angeblich auf mündliche Anweisung meines Mandanten, obwohl der über keine Deutschkenntnisse verfügt«. Völkel: »Die haben nahezu blind ausgezahlt.«
Auf Anregung des Landgerichts Frankfurt erklärte sich die Deutsche Bank schließlich zu einem Vergleich bereit.
LG Frankfurt, Az.: 2-27 O 90/04

Artikel vom 04.11.2006