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Buntes Feuerwerk aus Bollywood
Indiens farbenprächtige Bühnenshow kommt 2007 gleich zweimal in die Bielefelder StadthalleTraumhaft schöne Kostüme in allen erdenklichen Farben, fetzige Musik und spektakuläre Tänze: Diese neue, für mitteleuropäische Augen und Ohren durchaus gewöhnungsbedürftige Form der Unterhaltung aus Indien soll nun auch das deutsche Publikum verzaubern.
Unter dem Stichwort »Bollywood« hat die üppige Mischung aus Tanz, Action, Drama, Musik und schönem Happyend hierzulande bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt. Zunächst über das Fernsehen, wo vor knapp zwei Jahren die ersten so genannten Masala-Filme der asiatischen Traumfabrik einem breiteren deutschen Publikum präsentiert wurden (Masala wird eine Mischung unterschiedlicher Gewürze genannt).
Vergleichbar sind die Produktionen am ehesten mit Musicals, denn Tanz- und Gesangseinlagen sind in jedem Film ein absolutes Muss. Charakteristisch für Bollywood-Werke ist auch der Märchencharakter, den die Storys tragen: Sie erzählen in einfachen Handlungssträngen meist von Liebe, Glück und sozialem Aufstieg. Die Streifen spielen also mit den Genres und befriedigen so die unterschiedlichsten Bedürfnisse der Kinogänger.
Der Begriff »Bollywood« ist - unverkennbar in Anlehnung an das berühmte Vorbild in Kalifornien -Êein Synonym für das Zentrum der aufstrebenden indischen Filmindustrie in Bombay (heute Mumbai). Mit bis zu 1000 Filmen pro Jahr, mehr als 200 davon allein in Bollywood, hat Indien die amerikanische Konkurrenz allerdings längst in den Schatten gestellt.
Nun soll die Kino-Kunst aus dem siebtgrößten Staat der Erde auch die bundesdeutschen Bühnen erobern. Gleich zwei Produktionen buhlen landauf, landab um die Gunst der Zuschauer: »Bharati - auf der Suche nach dem Licht« und »Bollywood - die Show«. Letztgenannte wird im nächsten Jahr gleich zweimal in Ostwestfalen gastieren.
Dieses farbenprächtige Bühnenspektakel greift Motive, Choreographien und die erfolgreichsten Soundtracks aus 80 Jahren indischer Filmgeschichte auf und vereint sie in einer beeindruckenden Mixtur aus Tanz, Theater, Musical und Film. Eine bollywood-typische Liebesgeschichte steht im Mittelpunkt des Plots, der zu großen Teilen von der Realität inspiriert wurde. Er beruht auf der Familiengeschichte einer der berühmtesten indischen Filmdynastien, der Merchant Family.
Die Show handelt von der erfolgreichen Regisseurin und Choreographin Ayesha, die gegen den Willen ihres Großvaters Shantilal ihre Heimat Rajasthan verlässt, um in Bollywood ihren Traum vom modernen Kino zu verwirklichen.
Während sich der alte Herr der klassischen indischen Filmchoreographie mit traditionellen Tänzen verschrieben hat, schwärmt seine Enkeltochter für westliche Tanzstile. Die Kluft zwischen den Generationen könnte wohl nicht größer sein.
Erst, als Ayesha vom nahenden Tod ihres Großvaters erfährt, entschließt sie sich, Frieden zu schließen. So kehrt sie zurück nach Rajasthan, wo sie geradewegs in die Arme ihrer Jugendliebe Uday läuft. Nach Shantilals Tod entscheidet sich die junge Frau für ein Leben in der Wüsten-Provinz, um die Familientradition fortzusetzen. Sie heiratet Uday und führt die Tanzschule ihres Großvaters weiter - nun allerdings in der Balance zwischen Alt und Neu.
Und so erleben die Zuschauer nach vielen Irrungen und Wirrungen im Finale eine ergreifende Fusion von folkloristischen, klassischen und modernen Tanzelementen. Etwa 50 Musiker, Tänzer und Schauspieler spannen den opulenten Bilderbogen vom traditionellen Indien zur Glitzerwelt des Bollywood-Kinos von heute. Magische Momente, 700 Kostüme und berauschende Tanzszenen machen den Reiz dieser Produktion aus.
Neben aufwendigen Lichteffekten und eindrucksvollen Bühnenbildern spielt aber auch die Musik eine wichtige Rolle in Bollywood-Produktionen. Die Erfolgsaussichten eines Filmes hängen sogar maßgeblich davon ab. Der Soundtrack wird normalerweise lange vor dem Kinostart veröffentlicht, so dass die Zuschauer im Filmtheater mit vielen der Songs längst vertraut sind und mitsingen können.
Ein Kinobesuch ist in Indien noch ein richtiges Familienereignis, der Film einer der wichtigsten Bestandteile des modernen indischen Alltags. Und so spiegelt sich in diesem Genre die kulturelle, vor allem aber auch sprachliche Vielfalt des Landes wider. Jede der großen Regionalsprachen hat ihre eigene Filmindustrie.
Neben dem Hindi-Film aus Mumbai gibt es noch eine Reihe anderer Varianten. Kollywood steht zum Beispiel für das tamilische Kino des südlichen Bundesstaates Tamil Nadu. Das »K« im Namen kommt von Kodambakkam, dem Produktionszentrum. Tollywood ist das in Telugu gesprochene Kino des Staates Andhra Pradesh mit seiner Hauptstadt Hyderabad. Lollywood bezeichnet das Kino Pakistans mit Zentrum Lahore. Und Mollywood wird das Kino des Staates Kerala genannt - das »M« leitet sich vom dort gesprochenen Malayalam ab.
Mit solchen sprachlichen Feinheiten müssen sich die Besucher der Show in Bielefeld allerdings nicht herumschlagen. Sie wird in Englisch aufgeführt. Kerstin Heyde

Artikel vom 09.12.2006