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Der eiskalte Krach

Spitzenläuferinnen gegen neues Trainings-Konzept

Erfurt (dpa). Der Konflikt zwischen den drei Top-Stars und der Führung der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) ist weiter eskaliert.
Einen Tag vor Beginn der Eisschnelllauf-Saison mit den Meisterschaften in Erfurt kritisierten die Team-Olympiasiegerinnen Anni Friesinger (Inzell), Claudia Pechstein (Berlin) und Daniela Anschütz-Thoms (Erfurt) die Reformen des Verbandes. Bei der DESG-Spitze stößt dies auf totales Unverständnis.
»Ist doch schön, dass die Medien was zu schreiben haben. Aber wir halten an unserem Kurs fest, weil er richtig ist«, sagte der neue DESG-Vizepräsident Miroslav Kulik in Erfurt. Präsident Gerd Heinze ist wenig erfreut von der Kritik der Stars. »Die Athletinnen sollten sich mal klar werden, wem sie ihre Erfolge in der Vergangenheit zu verdanken haben.«
Am heftigsten wird von den drei Gold-Damen von Turin kritisiert, dass nach der im April festgelegten neuen Struktur Männer und Frauen getrennt trainieren und somit Synergieeffekte verloren gingen. So drohte Friesinger sogar, einen Start im Team-Wettbewerb von einem Einlenken der DESG abhängig zu machen.
Dies stieß bei Rivalin Pechstein nicht auf Widerhall. »Ich fand das nicht glücklich, was sie da gesagt hat. Wir sind Olympiasieger und Weltrekordhalter und müssen uns daher unserer Verantwortung stellen«, sagte die fünfmalige Olympiasiegerin aus Berlin, die in Erfurt wegen eines Infekts auf eine Teilnahme verzichten muss. Für Heinze ist ein Team-Boykott nicht akzeptabel.
Pechstein bekräftigte in Erfurt hingegen ihre Kritik an Sportdirektor Günter Schumacher. »Es ist schade, dass Schumacher so wenig mit uns spricht. Die Distanz zwischen ihm und den Athleten wird immer größer. Vor allem die Top-Läuferin hätte man zuvor informieren müssen«, meinte sie. Schumacher reagierte gestern mit den Worten: »Schritt für Schritt wurde jeder informiert. Aber es ist klar, dass die lieb gewordene Unterstützung nicht in jedem Maße weitergeht. Aber wir müssen auch an die Nachwuchs-Förderung bis 2014 denken.«
Mit Unverständnis reagierte Heinze: »Ihre Äußerungen verwundern mich sehr. Wir haben ihren Bemühungen um ein Berliner Privatteam nie Steine in den Weg gelegt und auch für ihren Trainer Joachim Franke einen Honorar-Vertrag nach Erreichen des Ruhestandes möglich gemacht«, meinte der Präsident, der zugleich das Verhalten einiger Manager kritisierte.
Dies wolle sich der Verband auf Dauer nicht mehr bieten lassen. Pechstein ist eher verbittert, dass ihrem verdienstvollen Coach nicht ein besseres Angebot gemacht wurde. »Allen wurde zunächst gekündigt, nur Schumacher wurde nie in Frage gestellt«, sagte sie.

Artikel vom 03.11.2006