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Ohne Werbung
läuft nichts

Beppo Brem fing vor genau 50 Jahren an

Von Uwe Hentschel
München (dpa). Am Anfang kleckert Volksschauspieler Beppo Brem auf die Tischdecke - und Liesl Karlstadt als ebenso ordnungsliebende wie zänkische Frau regt sich schwer auf.
Werbe-Kult der frühen Jahre: Klementine mit Ariel. Foto: dpa

Doch kurz darauf ist das Tuch wieder so sauber wie zuvor. »Persil und nichts anderes«, grinst Brem in die Kamera und eröffnet ein neues Kapitel der deutschen TV-Geschichte: die Fernsehwerbung. Exakt vor 50 Jahren, am 3. November 1956, strahlte der Bayerische Rundfunk in der Sendung »Zwischen halb und acht« die ersten Spots aus einer Auswahl an Werbefilmen, die vorher im Kino zu sehen waren.
Beppo Brem folgen der Persil-Mann und weitere Geschöpfe der Werbewelt: Klementine (Ariel), das Fa-Mädchen, Frau Antje mit Käse aus Holland sowie Tilly (Palmolive) und der etwas krank aussehende Zahnbürsten-Dr. Best.
Während es in den Anfängen der Fernsehwerbung, gerade ein Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg, in erster Linie darum geht, auf die Verfügbarkeit von Produkten hinzuweisen, orientieren sich die flimmernden Versprechen schon bald, mit dem Beginn des Wirtschaftswunders, an den diversen Konsumwellen. Zunächst ist es die Fresswelle, dann die Bekleidungs- und Reisewelle, später die Automobilisierungswelle und inzwischen die Gesundheits- und Globalisierungswelle.
Über Jahrzehnte hatte die Fernsehwerbung ihren festen Platz im Vorabendprogramm der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF - bis 1984 die ersten kommerziellen und damit auf Werbeeinnahmen angewiesenen Fernsehanstalten ihr Programm bundesweit ausstrahlten. Von nun an ist Werbung über den ganzen Tag präsent: Das Rama-Mädchen bringt schon zur Mittagszeit den Brotaufstrich, Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer erscheint plötzlich am Abend zwischen zwei Spielfilm-Hälften.
Allein im Jahr 2005 wurden knapp 3,2 Millionen Werbespots im deutschen Fernsehen ausgestrahlt. Wollte man nonstop alles sehen, was im vergangenen Jahr an Werbung über den Bildschirm flimmerte, so wäre man damit weit mehr als zwei Jahre (827 Tage) rund um die Uhr beschäftigt. Vor 50 Jahren wären es nicht einmal sechs Tage gewesen.
Knapp vier Milliarden Euro haben die Fernsehsender im vergangenen Jahr mit Werbung umgesetzt, davon gut 3,6 Milliarden Euro die Privaten. Die »Hauptpersonen« des Werbeprogramms sind heute Autos, Süßwaren, Telefone und Kommunikationsdienste. Pfiffigen Spots sollen ihnen im harten Konkurrenzkampf Sympathiepunkte zu verschaffen. Denn wirklich schlechter sind die Mitbewerber eigentlich nicht.

Artikel vom 03.11.2006