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Initiativen erwarten Nachbesserung

MVA: Anwalt glaubt nicht an Genehmigung zur Kapazitätserhöhung

Bielefeld (bp). Nach dem zweitägigen Erörterungstermin zur Kapazitätserhöhung der Müllverbrennungsanlage Bielefeld-Herford in der Bielefelder Stadthalle von zurzeit 360 000 auf 493 670 Tonnen jährlich steht für den Anwalt der Einwender, Wolfgang Baumann aus Würzburg, fest: »Nach dem jetzigen Stand ist eine Genehmigung ausgeschlossen.«

Er kritisiert, dass nach Offenlegung der Gutachten, die die Bürgerinitiative »Besser leben und wohnen in Baumheide« und die Baugenossenschaft Freie Scholle in Auftrag gegeben hatten, keine Nachbesserung der Antragsunterlagen von Seiten der MVA erfolgt sei: »Das hat die Erörterung erschwert und zu Ungenauigkeiten und Verwirrung geführt.« Baumann geht davon aus, dass es einen weiteren Erörterungstermin geben wird.
Die Initiativen und deren Gutachter Peter Gebhardt (Öko-Institut) führen im wesentlichen drei Punkte an, bei denen sie erhebliche Nachbesserung erwarten:
l Es gebe »erhebliche Zweifel«, ob die Rauchgasreinigung in der Lage sein würde, die Kapazitätserweiterung zu verkraften. Sie arbeite schon heute »am Limit«, Experte und Initiativen fürchten eine »höhere Störanfälligkeit«.
l Die Lärmbelastungen durch die Anlage selbst und den Anlieferverkehr bewegten sich heute schon im Bereich der Grenzwerte. Durch die Installation eines zusätzlichen Luftkondensators zur Abführung des Dampfes, der bei der Verbrennung entsteht, würden die Grenzwerte deutlich überschritten, sagt Gebhardt. »Unseriös« sei die Ankündigung der MVA, man werde die Kondensatoren nachts herunter fahren, meint Baumann. »Unmöglich - die Anlage fährt Tag und Nacht gleichmäßig.«
l Gar nicht oder zumindest zu wenig habe man sich mit der Abfalllagerung im Bunker beschäftigt, findet Gebhardt. Es gebe keinerlei Unterlagen über wassergefährdende Stoffe.
Von den Initiativen wird eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert. Der Erörterungstermin habe dazu gedient, Schwachstellen und Möglichkeiten zum Schutz der Bevölkerung aufzuzeigen.
Rainer Hohnemann vom Staatlichen Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL, der die Anhörung moderierte, regte an, die MVA-Betreiber könnten aus eigener Initiative heraus beantragen, die Grenzwerte zu unterschreiten. Peter Gebhardt: »Das hätte Signalwirkung.« Michael Seibt (Freie Scholle): »Das würde zeigen, dass die MVA willens ist, sich in die Pflicht nehmen zu lassen.«
Anwalt Baumann erinnerte daran, dass der Abfallwirtschaftsplan für die Region OWL »ohnehin keinen Bedarf für eine Kapazitätserhöhung der MVA« sehe. Seine Befürchtung: »Müll wird aus ganz Deutschland und darüber hinaus herangekarrt.«
Die Bürgerinitativen wünschen sich ohnehin eine Anpassung der Müllmengen, wenn das Aufkommen ab 2010 zurückgehen sollte, so wie dies prognostiziert wird.
Michael Seibt weiß, dass die Bezirksregierung »allein nach Recht und Gesetz über den Antrag« urteilen wird. Seiner Überzeugung nach müssen die Politiker des Bielefelder Rates, die der Kapazitätserhöhung zugestimmt haben, die Verantwortung für den Standort - den Stadtteil Baumheide übernehmen.
Seibt fordert eine Kompensation für Baumheide: »Die MVA steigert ihren Gewinn, sollte für die Belastungen aber für die Bevölkerung einen Ausgleich schaffen und etwas für die Menschen in Baumheide tun.«

Artikel vom 01.11.2006