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Auf Wunsch auch mit Tasche

Nunnenkamp fertigt Bestattungswäsche -ÊKatholiken mit Mut zur Farbe

Von Bernhard Hertlein und
Horst-H. Griepenstroh (Fotos)
Lübbecke (WB). Das letzte Hemd kommt, wenn es etwas Besonderes und kein 08/15-Artikel ist, mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Lübbecke. Ob Litzen oder andere Verzierungen, ob Muster oder Farbe: Im Bereich Bestattungswäsche ist dies die ostwestfälische Firma Nunnenkamp so etwas wie Trendsetter.
Wer bei der Auswahl der Bestattungswäsche Wert auf Qualität legt, stützt damit Arbeitsplätze in Deutschland. Das Bild zeigt die Näherin Roswitha Pervan, eine von 22 Mitarbeiter der Lübbecker Firma Nunnenkamp.
Billiganbieter vor allem aus Osteuropa führen seit Jahren dazu, dass Vertreter des deutschen Bestattungsgewerbes auch dann, wenn sie über Geschäftszahlen sprechen, eine bittere Trauermiene aufsetzen. Thomas Nunnenkamp (41), der den 1958 von Vater Herbert gegründeten Betrieb in der zweiten Generation führt, sieht jedoch keinen Grund, für die Branche die Sterbeglocke zu läuten. Zwar gebe es einen Trend, den Tod über das Sterben hinaus noch zu verdrängen und Verwandte möglichst kostengünstig unter die Erde zu bringen. Davon hebe sich eine gegenteilige Entwicklung ab: »Immer mehr Menschen möchten ihr Begräbnis individuell gestalten.«
Keine Frage: Nunnenkamps Kunden gehören zu der zweiten Gruppe. Zwischengeschaltet sind die 1100 Bestattungsunternehmen, die der Lübbecker nicht nur mit selbstgefertigter Wäsche, Decken, Sarginnenauskleidungen, Friedhofswagenbehängen und Tüchern zum Schmücken des Katafalks, sondern auch mit Urnen, Särgen und verschiedenen Dekorationsartikeln beliefert.
Insgesamt 2900 Artikel führt er im Programm. Die Ausstellungsware beim Bestatter ist dagegen weit weniger umfangreich. Für Nunnenkamp ist das ein Problem: »Beim Auto oder beim Turnschuh sind die Kunden auch dann informiert, wenn sie gerade keinen Einkauf tätigen.« Bei der Gestaltung von Beerdigungen aber sind die Hinterbliebenen in der Regel darauf angewiesenwas ihnen der Bestatter vorführt. Allerdings wächst die Zahl derer, die noch zu Lebzeiten ihre Beerdigung selbst in die Hand nehmen. Dazu gehört dann auch, dass sie die Bekleidung für diesen letzten Gang selbst auswählen und -Êbeim Bestatter oder per Internet -Êbestellen. In dem Fall gehen die 22 Mitarbeiter Nunnenkamps gern auf Sonderwünsche ein: »Dann hat das letzte Hemd auch mal ausnahmsweise eine Tasche.«
Katholiken sind, was individuelle Bestattungswäsche betrifft, weitaus »mutiger« als Protestanten, die eher noch am traditionellen Weiß festhalten. Nunnenkamp, der trotz seiner erst 41 Jahre die äußeren Bedingungen seiner Beerdigung ebenfalls bereits festgelegt hat, legt Wert darauf, dass der Rahmen widerspiegelt, was das Leben des Toten geprägt hat. Das könne auch mal die Farbe Rosa sein. Oder das Sonntagskleid. Bedenklich sei nur der Trend, den Sarg gar nicht mehr zu öffnen: »In diesem Fall verzichten die Verwandten für sich und die Freunde bewusst auf einen wichtigen Teil der Trauerbewältigung.«
Schon der Großvater Nunnenkamps führte nicht nur ein Taxi-, sondern auch ein Bestattungsunternehmen. Der Vater kam als Einzelhandelskaufmann im Ruhrgebiet in Kontakt zu einem Hersteller von Bestattungswäsche und arbeitete eine Zeit lang als dessen Handelsvertreter. Vor 48 Jahren machte er sich dann in Gehlenbeck, einem Ortsteil von Lübbecke selbstständig. 1959 folgte der Umzug ins Stadtgebiet und 1973 in nordöstliche Industriegebiet.

Artikel vom 01.11.2006