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Viele Verstecke auf der Flucht

»Nicht alle waren Mörder«: ARD zeigt Verfilmung des Degen-Romans

ARD, Mittwoch, 20.15 Uhr: Eine Ohrfeige steht am Anfang des Films »Nicht alle waren Mörder«. Der erst elfjährige Michael verpasst sie seiner Mutter Anna im März 1943.

Beide sind erschrocken. Der Junge über seine Tat, mit der er seine Mutter wachrütteln wollte, die Mutter, weil sie merkt, dass sie etwas unternehmen muss. Michael und Anna reißen sich die Judensterne von der Kleidung und flüchten aus ihrer Berliner Mietwohnung, als die Gestapo alle jüdischen Bürger aus ihren Häusern verschleppt und deportieren lässt. Es ist die Lebensgeschichte des heute 74-jährigen Schauspielers Michael Degen.
Für Degen, dessen gleichnamiges Buch zum Verkaufserfolg wurde, sind der Film und die literarische Vorlage eine Mahnung. »Das Stück soll den jungen Leuten zeigen, sich nie wieder verführen zu lassen«, sagt Degen. »Sie sollen sich nicht auf mittelmäßige Politiker verlassen, die nicht sehen, was auf uns zukommt.« Degen beschreibt in seinem Buch, wie auch TV-Autor und Regisseur Jo Baier im Film, die Flucht von Sohn und Mutter Degen vor den Nazi-Häschern und schildert auch, wie einige Deutsche Kopf und Kragen riskierten, um sie in den letzten Kriegsjahren zu verstecken..
»Mich reizen die ÝHelden des AlltagsÜ«, sagt Regisseur Baier, der für das Erste bereits vor zweieinhalb Jahren den Film »Stauffenberg« umsetzte. »Die kleinen Leute mit ihren unauffälligen Heldentaten wie hier, denen öffentliche Anerkennung nie zuteil wurde.« Degen habe ihm das Buch anvertraut. »Als Schauspieler weiß er, dass sich ein Buch nicht Ývom BlattÜ abfilmen lässt. Ich habe mir von ihm einiges, vor allem über seine Mutter, noch erzählen lassen.« Degen habe ihm bereits nach der ersten Fassung sein »Okay« signalisiert. Die ARD und Baier sind bereits im Gespräch mit Degen über dessen neuen Roman »Mein Heiliges Land« über die Nachkriegsschicksale deutschstämmiger Juden in Israel.
Hauptdarsteller des Films ist der 1995 geborene Aaron Altaras, der die jüdische Oberschule in Berlin besucht und in »Mogelpackung Mann« bereits Filmerfahrung sammelte. Seine Mutter ist auch Schauspielerin, sein Vater komponiert Filmmusik. »Meine Eltern halten sich aber zurück«, sagt der Elfjährige. Seine Filmmutter spielt Nadja Uhl, die jüngst ihr erstes Kind zur Welt brachte.
Auf ihrer Flucht landen Anna und Michael zunächst bei Ludmilla Dimitrieff (Hannelore Elsner), einer wohlhabenden russischen Emigrantin mit guten Beziehungen zu Nazigrößen. Doch das ist nicht die letzte Station. Auch der Kommunist Hotze (Richy Müller) und Oma Teuber (Katharina Thalbach) bieten ihnen Unterschlupf. Doch auch da ist die Flucht noch lange nicht zu Ende.

Artikel vom 01.11.2006