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Herzliche Grüße aus
der Vergangenheit

Bildband zeigt 444 historische Bielefeld-Ansichtskarten

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). Seine Sammlung umfasst 4700 Postkarten mit Motiven aus Bielefeld. Herbert Kölsch (69) hat 444 für einen liebevoll gestalteten Bildband ausgewählt, der jetzt in einer Auflage von 2300 Exemplaren erschienen ist.

Auf 237 Seiten bietet Kölsch in dem in Leinen gebundenen Band »444 Grüße aus Bielefeld« eine Zeitreise an, die im Kaiserreich beginnt und mit dem Zweiten Weltkrieg endet. In jenen Jahrzehnten, in denen der private Fotoapparat noch ein Luxusartikel war, kam den Bildpostkarten eine weit größere Bedeutung zu als nur einen schriftlichen Gruß zu übermitteln. Oft zeigen sie Bielefeld von seinen schönsten Seiten, machmal spiegeln sie auch ein Stück Lebenswirklichkeit wieder.
Sparrenburg, Jahnplatz, Rathaus und Theater waren auch früher schon die Hingucker. Doch finden sich in Kölschs Band auch zahlreiche Abbildungen Bielefelder Straßen und Plätze, von Sommerfrischen und aus den Stadtteilen von Jöllenbeck bis Quelle. Die Arbeitswelt hat ebenfalls ihren Platz. Auguste Sandrock in Roßwein bekam 1912 Post von »Paul« aus Bielefeld. Die Karte zeigt die Dürkoppwerke. »Bin hier beschäftigt«, schrieb Paul. »Und zwar arbeite ich jetzt auf Werkzeugmaschinen. Ist ganz schön Arbeit, wenigstens kein Mord.«
Auch das zeichnet das Buch von Herbert Kölsch aus: Der Sammler hat die Postkartentexte oft ausgewertet. Zusammen mit der Bildansicht verstärken sie noch das Zeitreise-Gefühl.
Der gebürtige Rheinländer Kölsch kam mit 24 Jahren nach Bielefeld - und entdeckte später seine Leidenschaft für Ansichtskarten aus seiner Wahlheimat (das WESTFALEN-BLATT berichtete). Der Innenarchitekt und Designer, inzwischen Ruheständler, durchstöberte Flohmärkte und Antiquariate nach Bielefeld-Postkarten, besuchte Auktionen und steht in ständigem Kontakt mit Spezialhändlern. So gelangten auch Karten in seinen Besitz, die von Bielefeld aus nach Windhoek, China und Paris versandt worden waren.
Hotels und Gaststätten nutzten die Postkarten früher oft als Werbemittel. »Da gibt es eine reiche Auswahl«, weiß Kölsch. Straßenansichten hingegen, etwa aus dem zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch neuen Bielefelder Westen, sind besondere Raritäten.
Vier Jahre hat Kölsch an seinem Bildband gearbeitet, viele Recherchestunden im Stadtarchiv verbracht. Herausgekommen ist ein Bildband, bei dem auch in den Anmerkungen auf historische Genauigkeit besonderer Wert gelegt wird. Wer Dr. Oetkers erste Fabrik in einer kolorierten Ansicht sehen, einen Ausflug zum »Waldfrieden« in Hoberge unternehmen oder Bethel in historischen Ansichten erleben möchte, kann in Kölschs Buch endlos stöbern. Und er lernt auch den Einsiedler »Pöttkefrittken« kennen, der auf einer Postkarte aus Kracks verewigt ist, die 1913 verschickt worden war.
Herbert Kölsch: »444 Grüße aus Bielefeld«; 237 Seiten, Verlag Hans Gieselmann, 39,90 Euro.

Artikel vom 31.10.2006